Als zigste Thrash-Kapelle von unzählbar vielen jungen Emporkömmlingen haben INCERTAIN zumindest ein relatives "Alleinstellungsmerkmal": Sie verfügen über eine Sängerin, weshalb sie sich national mit CRIPPER messen müssen und auch international die eine oder andere potenziell konkurrierende Band auf dem Schirm haben sollten.
“Rats In Palaces” feiert von Beginn an die US-amerikanische Spielweise des Thrash, konkret den Stoff, der von der Westküste und insbesondere aus der Bay Area von San Francisco kam bzw. immer noch kommt. Die ausgefeilte und melodische Gitarrenarbeit deutet auf Vorbilder wie TESTAMENT oder die ewigen METALLICA hin, wohingegen rhythmisch eher Geradlinigkeit dominiert.
Die Songs gehen sowohl direkt nach vorne los als auch rasch ins Ohr, und das bedeutet im Fall von INCERTAIN leider, dass man sie schlecht durchschaut, ganz davon abgesehen, dass die ewig gleiche Gangart rasch ermüdet. Echte Hinhörer verzeichnet die Band in Form der vielen Gitarrensolos, die hörbar liebevoll ausgearbeitet wurden, aber so etwas macht den Bock nicht fett. Die Scheibe enthält ausschließlich Stücke, die den Stilvorgaben genügen und genau so oder so ähnlich von anderen Acts geschrieben und gespielt worden sein konnten. Selbst wenn INCERTAIN zwischendurch immer wieder regelrecht geile Riffs verbraten, frönen sie lediglich einem Sound, statt Songs zu schreiben, die eine längere Halbwertszeit an den Tag legen.
Das um mehr Dynamik bemühte 'Mankind´s Grave' ist neben dem Titelstück und dem psychotischen 'Amok' die Highlights einer im Großen und ganzen nur soliden Szene-Platte.
FAZIT: INCERTAIN spielen durchschnittlichen Thrash mit raffinierter Gitarrenarbeit, veredelt durch einen knalligen Sound und überschattet von der ästhetischen, stilistischen und kompositorischen Belanglosigkeit, auf die sich die Mitglieder bei ihrer Musik verlassen. Hier macht jemand eben Musik, weil er das von anderen ganz toll findet, ohne eigene Impulse zu setzen. Nutzt sich leider schnell ab, bei aller Liebe zum Thema.
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.10.2017
Pride & Joy
45:36
20.10.2017