Vom Flyer der jungen Münsteraner Band INTO THE SKY springt er uns an, dieser wagemutige, sich nicht vor solcher musikalischen Vergleichsgröße scheuende Satz: „Intense instrumental ambient rock, somewhere between MOGWAI and MICHAEL ROTHER/NEU!“
Hebt da eine sich am NEU!-Krautrock orientierende Band genau dahin ab, wo sie sich mit ihrem Namen wähnen?
Noch dazu gibt es hier ja nur eine Single zu besprechen, da kann einen doch im Grunde genommen nicht all zu viel erwarten, oder?
Ach ja, diese Vorurteile können einem manchmal gehörig um die Ohren fliegen, denn INTO THE SKY legen mit der Single „Before The Storm“ gut 9 Minuten Musik vor, die einen Fan der von ihnen selbst angeführten Bands tatsächlich umhaut, weil sie nicht nur klangtechnisch hervorragend aufgenommen und unglaublich liebevoll als transparent-limitierte (50 Stück) oder weiß-limitierte (100 Stück), handnummerierte und schwarze Vinyl-Single mit gefütterter Innenhülle verpackt wurde, sondern weil die beiden knapp fünfminutigen Stücke tatsächlich den Eindruck wecken, hier hätten NEU! ihre Instrumente und natürlich ganz besonders MICHAEL ROTHER seine Gitarre herausgeholt und würden genau die krautrockige Zeit wiederbeleben, die uns heutzutage in der Musiklandschaft so sehr fehlt und beiden Titeln noch dazu eine sich postrockig aufbauende, moderne Dynamik verleihen. Selbst die Wahl des Single-Titels, sehr sinnvoll und zugleich einen neuen Sinn ergebend aus den beiden Stücken zusammengesetzt, ist sehr einfallsreich.
Weil ich mir nicht ganz klar war, ob die Rother-Parallelen von INTO THE SKY tatsächlich so intensiv sind, habe ich mir schnurstracks nach ein paar „Before The Storm“-Hördurchgängen meine Rother-Platten „Flammende Herzen“ (1977), „Sterntaler“ (1978) und „Katzenmusik“ (1979) vorgeholt und noch einmal gehört. Nicht nur dass das mal wieder ein wunderbares Kraut-Nostalgie-Erlebnis war, nein, meine Eindrücke zu INTO THE SKY hatten mich tatsächlich nicht getäuscht. Und im Grunde hätte ich – würde mir jemand die Titel vorspielen, ohne dass ich wüsste, von wem sie sind – nicht nur auf Rother getippt, sondern auch Sack und Flöte verwettet, dass hinter dem Schlagzeug JAKI LIEBEZEIT sitzt.
Wer‘s nicht glaubt, der werfe einfach einen Blick in das Video zur Single-A-Seite. Außerdem habe ich mich dabei sofort in den musikalischen Hund verliebt, der nach 3:48 Minuten im Video von <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Affr5_15IwI" rel="nofollow">„The Storm“</a> auftaucht.
Und wenn jemand noch einen weiteren Blick, diesmal aber in Richtung Südkalifornien wirft, dann klingt die ebenfalls (viel zu unbeachtete) großartige Band THE APPLESEED CAST ganz ähnlich wie das mutige deutsch-krautige, mit Postrock-Elementen angereicherte Musik-Unterfangen INTO THE SKY.
Da wir unter unserer Seite Singles nach dem FAZIT nicht mit Punktwerten versehen, will ich hier einfach darauf verweisen, dass, würde ich die beiden Stücke dieses weißen Mini-Vinyls mit Punkten versehen, sie, auch der angenehmen musikalischen Überraschung wegen, jeweils 13 Punkte erhalten. Ja, diese beiden Debüt-Titel von INTO THE SKY sind tatsächlich so stark und hinterlassen besonders bei Krautrock-Nostalgikern garantiert nachhaltige Eindrücke.
„Hey, Jungs, nach dieser limitierten Single ‚Before The Storm‘ kann man euch tatsächlich bis in den Himmel loben!“ - muss aber hoffen, dass es INTO THE SKY auch möglich ist, einen musikalischen Longplayer auf diesem Niveau abzuliefern.
Meine weiße Single jedenfalls trägt die handnummerierte 35. Ein echtes Unikat ist‘s also auch noch!
Krautrock lebt!
Auch dank INTO THE SKY!
PS: Und wo das Album von Freunden guten Krautrocks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, <a href="https://intothesky-music.bandcamp.com/album/before-the-storm" rel="nofollow">genau hier mit einem Klick</a> und nicht bei...
Erschienen auf www.musikreviews.de am 15.11.2017
Kosmic Noise Records
9:06
29.09.2017