Schlagzeuger und Perkussionist Jacek Kochan hat für sein neues Projekt alle Stücke alleine komponiert und arrangiert, was man von ihm als einer Größe des Jazz in Osteuropa gewohnt ist. Dass er dies alles mit Augenmerkt auf eine üppige Besetzung gestemmt hat, ist angesichts des Ergebnisses eine Riesenleistung.
"Parentes" demonstriert neunmal in meistens ausufernder Form, was zwischen Jazz und Klassik alles möglich ist, ohne dass die Musik mal nur nach der einen oder anderen Stilistik klänge. Das jeweils gängige Instrumentarium verschmilzt bei Jacek Kochan zu einer bisher praktisch gänzlich ungehörten Einheit.
Stichworte wie Ethno, Folk oder Avantgarde kann und darf man bemühen, aber letzten Endes ist es müßig, solche Schubladen aufzuziehen, weil die Stücke auf "Parentes" abgesehen von ihrer strukturellen und spielerischen Substanz auch eine emotionale besitzen. Das Kernquartett spielt sich mit zahlreichen international angesiedelten Gastmusikern durch eine Fülle von Melodien mit viel Feeling, die weder geschulte Mucker noch den anspruchsvollen reinen Konsumenten kaltlassen.
Flöten und Silben singenden Vokalakrobaten fällt eine ebenso tragende Rolle zu wie hier einem melancholischen Cello und dort einer umso vorwitzigeren Klarinette. Kurzum: Das ist Big-Band-Stoff der gänzlich unverhofften Art. Höhepunkte zum Vorab-Anchecken: 'Kokkelimonke' und das epische Finale 'One Word Too Many' mit - Achtung - verzerrter Gitarre und Rock-Beat
FAZIT: Jazz der neuen Sorte mit zahlreichen Anleihen im Rock oder bei paneuropäischer Folklore, aber kein Fusion im herkömmlichen Sinn. "Parentes" ist ein schier den Atem raubendes Werk von wahrlich progressiver Sprengkraft, bei dem sich eine Bläsersektion, ein Streicher-Ensemble und ein konventionelles Jazz-Quartett eingedenk gegen die Norm gerichteter "Bonus"-Instrumente die Bälle zuspielen
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 08.11.2017
Hevhetia
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03.11.2017