Offengestanden würde einem "The Deviant Chord" nicht so stark vorkommen, wenn JAG PANZER wie für die meisten Bands üblich alle zwei Jahre ein Album herausbrächten. Das bedeutet wohlgemerkt nicht, dass die Platte in irgendeiner Weise schlecht wäre, im Gegenteil.
Es ist bloß so, dass die Vorzeige-US-Metaller nach so langer Funkstille keine Überraschungen im Köcher haben, sondern ihre Pfeile zielgenau dorthin verschießen, wo sie mit ziemlicher Sicherheit is Schwarze treffen werden - die Herzen derer, die nie genug von der Genre-Tradition kriegen können. Deshalb lässt das aktuelle Material der Band auch keine unterschiedlichen Auslegungen zu.
Will man das andererseits überhaupt als Fan? Nein (Stichwort "Dissident Alliance"), und in dieser Hinsicht ist "The Deviant Chord" dann doch ein großer Wurf, von den immer noch hohen Qualitäten der einzelnen Mitglieder von JAG PANZER ganz zu schweigen. Nicht zuletzt deshalb klingt die Band so einzigartig - wegen des unfehlbaren Gesangs von Harry Conklin und dem mittlerweile blind aufeinander eingespielten Gitarristenduo aus Mark Briody und Joey Tafolla.
Was diese Konstellation 2017 auszeichnet, ist außerordentlicher Tatendrang, als hätten die Musiker Hummeln im Allerwertesten. Der speedige Opener 'Born On The Flame' kommt recht europäisch daher und gibt den weiteren Weg vor, denn insbesondere 'Far Beyond All Fear' sowie 'Salacious Behavior' klingen nach aufgebohrten IRON MAIDEN, und 'Fire Of Our Spirit' ist ebenfalls energisch ausgefallen.
Anders hingegen das Titelstück: sachter Beginn mit spätestens seit "Thane To The Throne" für die Band typischer Geige, dann schleppend finster. Ähnlich verfahren JAG PANZER während der Ballade 'Long Awaited Kiss', deren Dreivierteltakt einen charmanten Farbtupfer darstellt, auch wenn diese Gangart nichts Neues für die Band ist. Im Übrigen erinnert der zeitweilige Wechselgesang tatsächlich auch an das Epos 'The Tragedy Of Macbeth' vom besagten Meisterwerk.
US-amerikanische Liedtradition - man erinnere sich an die Neuinterpretation von 'The Wreck Of The Edmund Fitzgerald' - pflegt das Quintett in Form von 'Foggy Dew', das gewiss jeder in dieser oder jener Form dargeboten kennt, sobald er die Melodie hört. JAG PANZER münzen das Stück zu einem erhebenden Antreiber um und machen es sich somit quasi zu eigen. Bleiben nur noch das dreieinhalbminütige 'Divine Intervention' mit Helden-Refrain und 'Black List', die beide zu den eher unauffälligen, aber nicht unbedingt schwachen Songs zählen, ja eigentlich die einzigen Verhältnismäßigen Hänger sind.
FAZIT: Wiederhören macht Freude, wenn es so selten geschieht wie bei dieser Band. JAG PANZER haben ihre Fans lange darben lassen und belohnen sie nun mit einem leicht überdurchschnittlichen Album, das mehr noch von Sänger Harry Conklin lebt als von den Kompositionen an sich. Nichtsdestoweniger muss jemand anders den Amerikanern diese Songs aber erst einmal nachmachen. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/289ebe06e4e543a7b9e15933b9527d83" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.09.2017
SPV / Steamhammer
44:56
29.09.2017