Der Titel trügt … Die slowakische Klavierikone Ján Hajnal interpretiert auf "Bartók's Room" mitnichten sein großes Vorbild, sondern ließ sich von der schwedischen Jazz-Legende Jan Johansson und der Folklore seiner Heimat anregen, um eine Reihe von Eigenkompositionen vor Live-Publikum einzuspielen. Dies geschah 2015 im Konservatorium von Kaschau und wurde für diese Veröffentlichung in einem hervorragenden Klangbild festgehalten.
Der Altmeister zeigt sich virtuos wie einfühlsam, wenn es darum geht den sehr vielsagenden Titel seiner Kompositionen musikalisch gerecht zu werden. 'Blues For Kosice' respektive 'May In Kosice' sind hochemotionale Elogen ans Hajnals Zuhause, wohingegen ein Stück wie 'Zemplinsky fair' stark gen Klassik tendiert. Hier zeigt sich wieder einmal, wie dicht selbige und der Jazz zusammenliegen, wenn letzterer nicht improvisiert wird, sondern relativ verbindlichen Strukturen folgt, die mit dem einschlägigen Akkordvokabular eingehalten werden.
Wie zu erwarten nimmt Hajnals Spiel bei aller imposanten Ausdruckskraft auch impressionistische Züge an. Die Performance wird dann sehr intim, was dem Album zu einem nachvollziehbaren Spannugsbogen verhilft, der einer typischen Konzertdarbietung in puncto Dramatik in nichts nachsteht.
FAZIT: Statt eine aseptische Solostudie seines handwerklichen Könnens einzureichen tut Ján Hajnal als integrer Künstler das einzig Richtige und stellt sein Können bzw. seine musikalische Erfahrung ganz in den Dienst des Feelings und erweist damit seiner Heimat die Ehre, ohne den Eindruck von Exklusivität zu erwecken. "Bartók's Room" ist etwas für jeden, der Klaviermusik im weitesten Sinn schätzt.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.06.2017
Hevhetia
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02.06.2017