Die deutschsprachige Rock- und Pop-Musik erlebt eine wahre Renaissance und jagt nunmehr fast täglich eine neue musikalische Sau durchs Dorf, von denen man die eine kaum noch von der anderen unterscheiden kann. All die Revolverhelden, Bendzkos, Buranis, Tawils, Glasperlenspiele (Wie kann man sich nur nach einem Werk von Hesse benennen, wenn man dermaßen belanglose Musik und noch belanglosere Texte zimmert?), Forsters und und und überfluten unsere Musiklandschaft und geben sich in den Radiostationen die Klinke in die Hand. Nun also gehören auch JEDEN TAG SILVESTER mit dazu und präsentieren auf „Geisterjägerstadt“ gefällige Popmusik mit durchwachsenen Texten, die sich meistens immer wieder um Beziehungsthemen drehen und natürlich auch alibimäßige Weltverbessererbotschaften, wie auf „Der Mensch“ enthalten: „Der Mensch trägt die Schuld / An dem Schaden, dem Problem / Auch ich bin zu faul / Zu blöd und zu bequem.“
Ähnliches gilt übrigens auch für die viel zu häufig wiederkehrende Banalität unserer Musik. Das Sichverweigern, wenn es darum geht, etwas mehr als ein paar gefällige Songs mit gefälligen Texten zu komponieren. Leider kommen auch JEDEN TAG SILVESTER nicht darüber hinaus. Aber sie machen das sehr gekonnt. Egal, ob der Gesang oder die Musik – die Jungs haben was drauf. Nur machen sie eben das daraus, was alle von ihnen erwarten. Ein paar gute Deutsch-Pop-Mainstream-Songs, mit denen sie sich auch locker für den deutschen Ausscheid des Eurovision-Song-Contests bewerben könnten und durchaus Chancen hätten.....
Bis hierhin war das noch ein Gedankenspiel des Kritikers, doch dann entdecke ich, dass die Band tatsächlich 2015 Schleswig Holstein beim Bundesvision Songcontest mit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=V5OWQmu6-YI" rel="nofollow">„Das Glück“</a> vertreten haben. Da sag‘ ich doch nur „Ooohooooohooo“, während JEDEN TAG SILVESTER das in Dauerrotation singen.
Na bitte – damit wäre auch klar, was die Jungs ausmacht. Sie begeistern die Masse – aber das ist nicht zugleich ein Qualitätsmerkmal, sondern austauschbares Mainstream-Theater.
Ganz Ähnliches gilt auch für ihr aktuelles Album.
JEDEN TAG SILVESTER nennen es fast bedrohlich <a href="https://www.youtube.com/watch?v=18ZQHNXaQoA" rel="nofollow">„Geisterjägerstadt“</a> und verkommen dabei höchstens zu ein paar Hollywood-Ghost-Busters mit großem Unterhaltungswert ohne wirklichen Tiefgang: „Lebt wohl ihr Monster und Dämonen / Und all die Geister / Die in uns wohnen.“
Ja – und nehmet meinetwegen die aktuelle CD von JEDEN TAG SILVESTER gleich mit, auf der sie zwar davon singen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=E0XA1VigwWE" rel="nofollow">„Schwerelos“</a> zu sein, es dem Hörer, der etwas mehr erwartet als das, aber ziemlich schwer machen, dieses Album zu mögen: „Du bist leicht, leicht, Du bist leicht.“
Genau, dann passt du auch ideal zu diesem Album.
Nur nimm‘s nicht schwer!
Deutsch-Rock-Mainstream die Hundertste – oder doch schon Tausendste?
FAZIT: Ideal für alle – und das sind sehr viele – die solche Deutsch-Rock-Pop-Musik dauerhaft und immer wieder mögen und gerne und viel Radio hören. Auch die Gestaltung des Albums im Digipak mit 20seitigem Booklet verdient Lob und Anerkennung, doch leider beschränkt sich die Musik am Ende dann doch nur auf Massenkompatibilität und mittelmäßige Textqualität. Aber wer will schon in einer „Geisterjägerstadt“ („Wir befreien die ganze Stadt / Echos von Böllern und Raketen / Hallen durch die dunkle Nacht.“ Au weia!) JEDEN TAG SILVESTER feiern?
Punkte: 8/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.03.2017
Till Krohn
Bertram Ulrich, Niclas Jawinsky, Till Krohn
Niklas Jawinsky
Bertram Ulrich
Tom Rieken
Anne de Wolf (Streicher, Posaunen), Bianca Vongehr (Chöre), Felix Gerlach (Cello)
Chef Records Ratekau/Edel
41:57
24.02.2017