Die Taktik geht weiterhin auf: solide bis wie zuletzt großartige Studioalben werden bei Joe Bonamassa von Live-Mitschnitten unter interessanten Vorbedingungen flankiert, die Lust sowohl auf Konzerte des Blues-Emporkömmlings als auch auf weitere neue Aufnahmen machen. Jüngstes Beispiel hierfür: "Live At Carnegie Hall – An Acoustic Evening", dessen Titel für sich spricht.
Bonamassa macht nach dem bisweilen relativ "lauten" Album "Blues Of Desperation" erneut vorübergehend auf zart und reüssiert natürlich auch hierbei. Als Schauplatz dafür wählte er nichts weniger als die geschichtsträchtige Carnegie Hall in New York, wo dieser Doppeldecker am 21. und 22. Januar 2016 aufgenommen wurde.
Zu Bonamassas Nonett gehören wie gewohnt Pianist Reese Wynans und Drum-Monster Anton Fig aber auch Eric Bazilian, der neben Mandoline und Drehleier auch Saxofon spielt und zur Gitarre greifend singt, sowie Tinao Guo, deren Cello und Erhu exotische Klangfarben zulassen, nicht zu vergessen Perkussionist Hossam Ramzy (auch Soundtrack-Komponist, in bester Erinnerung durch "No Quarter" von Page und Plant) aus Ägypten. Dies macht wahre Weltmusik aus den Interpretationen der bekannten Stücke und beweist, dass ein guter Song egal in welchem klanglichen Umfeld ein guter Song bleibt.
Die knapp drei Handvoll Tracks (bisher unveröffentlicht: 'Woke Up Dreamng (Second Night)') verzeichnen wenige Überraschungen, aber das "andere" Soundgewandt sowie die Kulisse als solche machen "Live At Carnegie Hall" zu einer zwingenden Konzert-Nachlese. Immerhin ist die 2CD bzw. Doppel-DVD/-Blu-ray derart üppig bestückt, dass man lange Freude daran haben wird, auch wenn es mit Behind-the-Scenes-Material und der üblichen Bildergalerie "nur" die üblichen Boni gibt.
Die gespielten Songs kommen "verfremdet" (auf erfreuliche Weise) daher, sei es gen Folklore oder Gospel respektive schlicht unverstärkten Blues, der diesmal allerdings gar nichts von den Genre-Roots wissen möchte. Vielmehr muten die Songs so opulent an, wie es dem Ambiente angemessen erscheint, seien es der Bonamassa-Standard 'Hummingbird' und das kaum wiederzuerkennende 'Dust bowl' oder 'Blue and evil', das jetzt mehr denn je so klingt, wie der Titel suggeriert.
Ach, und dass der Sound klasse wie authentisch ist, dürfte sich von selbst verstehen, ganz abgesehen von scharfen Bilder in satten Farben und dem beschaulichen Treiben angemessen ruhige Überblendungen. Alles richtig gemacht wieder? Jawohl.
FAZIT: Nach der vertonten Heldenverehrung "Live At The Greek" und im Vergleich zu "An Acoustic Evening At The Vienna Opera" von 2012, dessen Schwerpunkt nur geringfügig anders gesetzt war, beeindruckt Joe Bonamassa einmal mehr mit einer liebevoll wie aufwändig umarrangierten Zweitverwertung seiner Werke. Zumindest als Hardliner kann man sich des Kaufs dieser einmal mehr in allen gängigen Formaten erhältlichen Veröffentlichung vermutlich nicht entziehen - und jetzt wieder zum zupackenden Rock von BLACK COUNTRY COMMUNION, Mr. B. … <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/03b29a25186c4233a19e497d0155040c" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.07.2017
Mascot / Provogue
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21.07.2017