Diese Griechen haben sich vor 2012 zusammengefunden und decken mit ihrer Musik von Grunge über Post Rock bis hin zu metallischen Gitarrenriffs alles ab. So weit, so unverbindlich … KAMPs zweites Album "Clairvoyance" ist unter diesen Vorzeichen aber so stark, dass wir hiermit jeglichen Verdacht von Beliebigkeit zerstieben möchten.
Die Band macht Impulse aus verschiedenen Strömungen alter und neuerer Rockmusik geltend, um ihre ganze eigene Alternative-Prog-Suppe zu kochen, wobei großer Wert auf von vorn bis hinten stimmige Songs gelegt wird, die darum in relativ geradlinigen Bahnen verlaufen.
Frontmann John Kampouropoulos (ehemals CLOSER, die beim Major EMI unter Vertrag standen) zeichnet sich vorwiegend durch sanftes Raunen aus, ist aber ebenso variabel wie seine Instrumentalisten, die ihm mit bedächtigen Songaufbauten entgegenkommen. Gitarrist Nick Koutsopodiotis tut sich durch nur wenige stets zweckmäßige Solos hervor, und gibt erinnerbaren Melodien den Vorzug, um eine Reihe von Liedern im ganz klassischen Sinn zu vollenden.
Mit dem nachdenklichen ‘Nonsense’ beginnt "Clairvoyance" auf einem atmosphärischen Grundton, der in allen weiteren Stücken anklingen wird. KAMP setzen auf Nachvollziehbarkeit, ohne sich dem Hörer penetrant aufzudrängen, und klingen andersherum niemals nach seichtem Geplänkel, weil ihre Kompositionen mit schlicht zu vielen Feinheiten versehen wurden.
Mit dieser Songwriting-Raffinesse einher geht eine Einfühlsamkeit, die jener sakral feierlichen Stimmung von SAVIOUR MACHINEs Frühwerken nicht unähnlich ist. Zwar zeigen sich KAMP in ‘Humans’ ein wenig energischer, doch der Modus Operandi bleibt stets ein introvertierter, ohne dass man den Eindruck gewänne, etwas vorbehalten zu bekommen. Vielmehr schenkt uns John großes Vertrauen, wenn er recht tiefe Einblicke in sein Seelenleben gewährt, was vor allem im nachfolgenden ‘Intercourse’, später mit ‘Release Me’ und während des verspielten 'Wasteland' geschieht, wo ihm nicht einmal der quirlige Bass die Show stiehlt.
Das beschwingte ‘Show Reason’ zeigt wiederum eine andere Seite der Gruppe, wohingegen ‘Million Times’ einem ganzen Strauß voller Stilblüten gleichkommt, weshalb Stichwörter wie Psychedelic und Gitarrenbreitseite zu gleichen Teil als beschreibende Nomen herhalten. Mit ‘Happy’ bringen KAMP den melodischen Zenit dieses Songreigens recht später, wodurch die nostalgische Message des Textes umso deutlicher hervorsticht.
Die Band bleibt bis zum Ende hin unberechenbar, ihrer Linie aber dennoch treu. 'Pain' entzieht sich genauso wie das abschließende ‘Chasing Tails’ im gegebenen Rahmen einer konkreten Kategorisierung und könnte eine zukünftigte Stoßrichtung andeuten, indes John in 'Faith' im Duett mit Sängerin Virginia Fragoulatzi glänzt. Zuvor hat man sich an den sehr eingängigen Höhepunkte 'Fool' 'Humans' und 'Clairvoyance' ergötzt, die noch am ehesten mit dem Material auf KAMPs Debüt "Reappear" vergleichbar sind.
FAZIT: In der klassischen Aufstellung eines Rocktrios mit herausragendem Sänger ist KAMP ein Album gelungen, das lange nachwirkt. "Clairvoyance" markiert gegebenüber seinem Vorgänger, der in anderer Besetzung entstand und auf einem Konzept fußte, eine erhebliche Steigerung. Mit dem Pop-Bewusstsein von Liedermachern und progressiven Ansprüchen stehen die Griechen ganz im Zeichen zeitgenössischer Brüder im Geiste, von RIVERSIDE über PAIN OF SALVATION bis zu den unausweichlichen PORCUPINE TREE, ohne nur ansatzweise so zu klingen wie diese. Tolle Band, im allgemeinen Wust untergegangene Platte, die unbedingt Aufmerksamkeit verdient.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.08.2017
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04.08.2017