Mal wieder eine Entdeckung für alle Jäger und Sammler – zumindest diejenigen, die sich in den musikalischen KANSAS-Breitengraden bewegen!
Nachdem KANSAS mit ihrem 2016er-Album „The Prelude Implicit“ deutliche Parallelen zu ihren Anfangszeiten zogen, ist dieses 3-CD-Album im dreifaltigen Digipak mit zwei kompletten Konzerten aus den Jahren 1977 und 1982 sowie ihrer ausgiebigen, darin nachzulesenden Geschichte ein echter Hammer, denn hier dürfen wir nicht nur die schiere Spiel- und Improvisationsfreude der amerikanischen Prog-Folk-Band genießen. Schon allein die Tatsache, dass das erste Konzert ein Jahr vor ihrem fantastischen Live-Album „Two For The Show“ (Eins der besten Live-Alben aller Zeiten!), das zweite Konzert vier Jahre danach in veränderter Besetzung (1982 ohne Sänger & Keyboarder STEVE WALSH, dafür mit dem singenden Keyboarder JOHN ELEFANTE) stattfindet, steigert schon den Wert dieser Aufnahmen.
Noch besser aber ist, dass auch die Aufnahmequalität nicht auf billigem Bootleg-Niveau, sondern als gutes Remaster daher kommt, auch wenn der 1977-Konzertaufnahme aus dem New Yorker Palladium (18. Dezember 1977) etwas Volumen und ein paar Bässe fehlen. Zugleich ist sie richtig schön unverfälscht mit dem einen oder anderen vokalen Schnitzer, aber auch einem grandiosen Drum-Solo auf „The Spider“.
Die zweite Konzertaufnahme aus dem Omahaer Civic Auditorium (1. Juli 1982) erfüllt klanglich sogar höchste Ansprüche einer modernen Live-Aufnahme, wobei auch das Konzert fantastisch und gänzlich ohne Schnitzer daherkommt.
Das 77er-Konzert, in genau der gleichen Bandbesetzung wie „Two For The Show“ eingespielt, erstreckt sich über die komplette erste und die Hälfte der zweiten CD. Der Übergang zu dem anderen Konzert erfolgt nahtlos. Natürlich gibt es jede Menge Parallelen zu „Two For The Show“, nur dass im Gegensatz zu der „zurechtgeschnittenen“ offiziellen Live-LP aus dem Jahr 1978, auf der die Live-Aufnahmen von verschiedenen Konzerten stammen, auf dieser Dreifach-CD das komplette Konzert von Anfang "Incomudro – Hymn To The Atman“ bis Ende „Magnum Opus Part 2“ vorliegt. Natürlich dürfen die beiden Balladen „Dust In The Wind“ und „Lonely Wind“ genauso wenig fehlen wie das ellenlange Schlagzeugsolo auf „The Spider“ sowie ausgiebige Improvisationen, wobei häufig Robbie Steinhardt mit seiner Violine brilliert. Insgesamt ein progressives Super-Konzert, das kaum Wünsche offen lässt und uns endlich den Eindruck von CD vermittelt, wie KANSAS bei einem Gesamtkonzert anno 1977 klangen.
Kaum ist der 1977er-Applaus ausgeklungen, setzt sofort das 82er-Konzert mit „Paradox“ ein. Die Aufnahmequalität ist noch besser, das Remaster hervorragend. Im Vergleich aber mit dem vorherigen Konzert schneidet diese dann doch etwas schlechter ab. Es ist deutlich Keyboard-orientierter und die E-Violine klingt bei Weitem nicht mehr so spannend wie die akustische Violine fünf Jahre zuvor.
Etwas ärgerlich ist auch der seltsame radikale Bruch im Übergang von CD 2 zu CD 3, bei dem „Hold On“ - einer der poppigsten Songs der Band – mitten in einer Satzgesang-Passage endet. Dafür begrüßt uns auf der letzten CD dann gleich „Dust In The Wind“ und aller Unmut ist vergessen. Auch das Schlagzeugsolo wird uns – diesmal als Übergang von „Carry On Wayward Son“ zu „Portrait (He Knew)“ - nicht vorenthalten. Außerdem bekommen wir gleich fünf Songs von ihrer damals aktuellen, nicht wirklich berauschenden Platte „Vinyl Confessions“ geboten. Doch auch hier kann Entwarnung gegeben werden, denn was auf der Studio-LP nicht richtig begeistert, kommt live von der Bühne deutlich besser rüber!
FAZIT: Jeder KANSAS-Fan sollte sich unbedingt auf dieses 3er-Digipak „Live Confessions“ mit zwei vollständigen Konzerten aus den Jahren 1977 und 1982 stürzen. Diese Anschaffung lohnt sich allemal, gerade weil wir im Gegensatz zu „Two For The Show“ keine Auswahl an Live-Titeln, sondern das komplette Programm geboten bekommen – inklusive der einen oder anderen Schieflage, die das alles im Grunde noch sympathischer und authentischer macht.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.02.2017
Dave Hope
Kerry Livgren, Steve Walsh, John Elefante, Robby Steinhardt, Dave Hope
Ricard Williams
Kerry Livgren, Steve Walsh, John Elefante
Phil Ehart
Robby Steinhardt (Violine)
Cannonball
196:53
19.08.2016