Über fast ein Jahrzehnt hinweg schafften sich KAUNAN ein Repertoire drauf, lernten ihr akustisches Handwerkszeug und betrieben eingängige Recherche, um nun ein beispielloses erstes Album vorlegen zu können. Kennt noch jemand "Grimen" von Hardingrock, dem Projekt von u.a. EMPEROR-Ihsahn und seiner Ehefrau Heidi? Sehr stark an dieses Album erinnert auch "Forn".
Das Ensemble um die drei in Europa verstreut lebende Kernmitglieder Oliver S. Tyr von FAUN, Maler und Multi-Instrumentalist Boris Koller sowie Hurdy-Gurdy-"Virtuose" Göran Hallmarken befasst sich im Idiom des Nordic Folk - ein schwammiger Begreif, gleichwohl die meisten Leser wissen dürften, was er bedeutet - mit der prä-christlichen Kultur insbesondere Skandinaviens, wozu sie teilweise auf überlieferte Melodien bzw. althergebrachte Lieder zurückgreifen. In Hinblick aufs verantwortliche Label ist WARDRUNA-Vordenker Einar Selvik ein logischer Gast im Studio gewesen, zu dem sich noch Maria Franz (HEILUNG, SONGLEIKR) und der schwedische Perkussionist Dhani Åhlman gesellte
In 'Den Gamle Sordølen' hören wir zudem Ilan Rosén, der Maultrommel spielt. Selbige wird auf "Forn" ebenso ausgiebig eingesetzt wie Drehleier, Dudelsack, sogenannte Kontrabas- bzw. Oktavkontrabasharpa und diverse weitere Saiteninstrumente. Allein dies garantiert bereits, dass sich das Hörerlebnis ausgesprochen abwechslungsreich gestaltet, und die blitzsaubere, aber gewiss nicht aseptische Produktion begünstigt dies. Der archaische Charakter der Musik, die irgendwie altvertraut anmutet, bleibt durchweg erhalten, während abgesehen von leiser Sehnsucht nichts annähernd Bedrückendes von ihr ausgeht.
KAUNANs Tiefsinn liegt anderswo als etwa bei den erwähnten WARDRUNA oder etwa den urig nebelhaft agierenden TENHI. Das deutsch-österreichisch-schwedische Trio verbreitet statt einer meditativen bis mystischen Stimmung Lebensfreude, wenn auch ohne Überschwang und mit einer Ahnung von realistischem Verhängnis - der eigenen Vergänglichkeit vielleicht und somit einer Tatsache, deren Akzeptanz durchaus auch etwas Positives bedeuten kann.
FAZIT: Auf "Forn" versöhnen KAUNAN den vermutlich authentischen Klang einer ausgestorbenen Musik mittels rekonstruierter Instrumente und beschwören jene altertümliche Urgewalt herauf, die sich nicht pauschal mit Adjektiven wie "primitiv" einer- oder "spirituell" andererseits beschreiben list. In jedem Fall sind diese Stücke zwar Folk, aber dennoch so viel mehr als potenzielle Beschallung für Historienfeste, Events der Re-Enactment-Szene oder kitschige Mittelaltermärkte. Die Marke By Norse verpflichtet eben … und das üppige Booklet des physischen Tonträgers wollt ihr alle lesen (Hintergrundinfos) bzw. sehen (Artwork). <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/322e15abcfa64c14a981505900fa65d1" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 12.10.2017
By Norse
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13.10.2017