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Reviews

Kele Okereke: Fatherland

Stil: Soul, Folk, Funk, Reggae, Pop, Singer/Songwriter

Cover: Kele Okereke: Fatherland

„Fatherland“ von KELE OKEREKE ist genau das Album, welches man bei solchem Cover ohne wirklich großartige Erwartungen in seinen Player einfahren lässt und dass einen dann mit einem Schlag umhaut.
Wer ist nur dieser Okereke?
Und wie gelingt es ihm nur, Musik zu schaffen, die einen dermaßen in ihren Bann zieht?
Liegt das nun an dem unglaublichen Abwechslungsreichtum, der fantastischen Stimme, den beeindruckenden Kompositionen, der umfangreichen Instrumentierung, den persönlichen Texten, den breit gefächerten Stilen von Soul bis Pop über Funk und Folk bis hin zu Reggae und Siebziger-CHICAGO-Flair sowie dem großartigen Sound?
Es liegt an allem und besonders an der außergewöhnlich gelungenen Mixtur all dieser Einflüsse!

Okereke? Kele Okereke? Da war doch was?!
Genau!
Okereke ist Sänger und Frontmann der Indie-Rock-Pop-Band BLOC PARTY, aber zugleich auch seit sieben Jahren solistisch aktiv.
Wer nun denkt, das aktuelle „Fatherland“, Okerekes bereits drittes Solo-Album, hätte etwas mit seiner namhaften Band zu tun, der wird Ohren machen, wenn er dieses grandiose Album hört. Denn die BLOC PARTY geht wo anders, aber garantiert nicht auf „Fatherland“, dieser akustisch-weltmusikalischen, souligen, funkigen Folk-Meisterscheibe, ab. Indie rocken darf es (nur) bei der BLOC PARTY, aber nicht hier im Vaterland, auf dem die meisten beteiligten Musiker aus dem Portlander Musik-Underground stammen und sogar CORINNE BAILEY RAE auf „Versions Of Us“ ihre himmlische Stimme zum Duett erhebt.

Trotzdem gibt es eine enge Verbindung zu seiner Band. „Fatherland“ wurde von Justin Harris, dem BLOC PARTY-Bassisten, produziert, wobei für Kele Okereke eine Sache besonders wichtig war: „Harris hat ein Studio mitten im Wald auf einem Berg. Ich blieb eine Woche dort und spielte mit den verschiedensten Musikern zusammen. Auf dem Album sind über 20 von ihnen zu hören – die größte Besetzung, mit der ich je gearbeitet habe. […] Im Grünen bin ich am glücklichsten und ich dachte, dass dieses Glück das Album einrahmen sollte. Sowohl ‚Trick‘ als auch ‚The Boxer‘ (Die vorherigen Okereke-Solo-Alben! T.K.) sind relativ synthetische, kältere Elektronikalben. Es war mir wichtig, ‚Fatherland‘ visuell anders erscheinen zu lassen, mit etwas, das die Natur repräsentiert.“
Mit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=NPoK2BrYGrs" rel="nofollow">„Do U Right“</a>, einer fragilen Akustik-Ballade, und dem verträumt-spirituellen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=zlVuae74xos" rel="nofollow">„Yemaya“</a>, in dem es um die Fruchtbarkeitsgöttin geht, spürt man <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Er8H8-03niM" rel="nofollow">beim Hören diese Einflüsse</a> unmittelbar.

Allerdings ist dem Musiker, der sich 2010 als homosexuell outete und seit 2016 mithilfe seines Lebenspartners und einer Leihmutter im Dezember eine Tochter, Savannah, bekam, was sich maßgeblich auf die Entstehung von „Fatherland“ auswirkte, eine weitere Erkenntnis unabdingbar: „Dieses Album wird für Savannah zum einen Dokument über die Beziehung ihrer Väter werden und wer wir waren, bevor sie in unser Leben trat. Sie wird sehen, dass wir noch nicht die Antwort auf alle Fragen haben, aber es zumindest versuchen. […] Eins der wichtigsten Komponenten dieses Albums ist, dass er ehrlich mein Leben und meinen Blickwinkel auf diese Welt beschreibt. Als Savannah in unser Leben kam, wurde ich vielen Dingen gegenüber offener als früher.“

Und genau diese Offenheit und den Mut, radikale musikalische und persönliche Veränderungen zu vollziehen, hört man auf „Fatherland“, bei dem sogar neben dem Duett mit Corinne Bailey Rae ein weiteres Duett, <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Q912vsl9Sgg" rel="nofollow">„Grounds For Resentment“</a>, enthalten ist – mit dem ebenfalls schwulen Sänger Olly Alexander von YEARS AND YEARS: „Ich kann mich nicht erinnern, dass zwei andere schwule Künstler schon einmal etwas Ähnliches getan haben. ELTON JOHN und RUPAUL vielleicht.“

Auch „Savannah“ erhält ihren eigenen Song – ein Schlaflied für das Baby, nachdem selbst die Straßen auf „Fatherland“ ihre ganz eigene (tierische) Sprache mit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=6Ljlbg4qqF0" rel="nofollow">„Streets Been Talkin‘“</a> gefunden haben.

FAZIT: Der singende Frontmann von BLOC PARTY überrascht auf seinem dritten Solo-Album „Fatherland“ mit einer gelungenen Melange aus Folk, Soul, Funk und ruhigem Singer/Songwriter-Pop, der einen sofort gefangen nimmt. KELE OKEREKE nennt es sein „erwachsenstes und zugleich musikalisch abenteuerlichstes Album“, auf dem er „in einen neuen Lebensabschnitt“ eintritt: „Songs zu schreiben und meine Worte und Gefühle ausdrücken zu können, ist lebensnotwendig für mich.“ Sein „Fatherland“ lässt daran keinen einzigen Zweifel aufkommen!

Punkte: 13/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.11.2017

Tracklist

  1. Overture
  2. Streets Been Talkin‘
  3. You Keep On Whispering His Name
  4. Capers
  5. Grounds For Resentment (feat. Olly Alexander)
  6. Yemaya
  7. Do U Right
  8. Versions Of Us (feat. Corinne Bailey Rae)
  9. Portrait
  10. Road To Ibadan
  11. Savannah
  12. The New Year Party
  13. Royal Reign

Besetzung

  • Gesang

    Kele Okereke, Oliver Thornton, Corinne Bailey Rae

  • Gitarre

    Kele Okereke, Sean Flinn

  • Keys

    Steve Aman

  • Schlagzeug

    Daniel Hunt

  • Sonstiges

    Collette Alexander (Cello), Bruce Whitycombe, Paul Brainard, Willie Matheis, Scott van Schoik, Megan McGeorge (Bläser)

Sonstiges

  • Label

    BMG/ADA Warner

  • Spieldauer

    45:01

  • Erscheinungsdatum

    06.10.2017

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