Auf diesen Seiten wurden LESOIR bereits wohlwollend rezipiert, und nun steht der Nachfolger zu "Luctor Et Emergo" ins Haus, eine Steigerung in vielerlei Hinsicht, obgleich man die Qualitäten von "Latitude" nicht rein quantitativ bewerten sollte oder überhaupt kann.
Der Titel suggeriert Breite, doch im Zusammenhang mit ihrer Musik sprechen mit LESOIR Vertraute von Dreidimensionalität. Schnöde übersetzt heißt dies, die Niederländer schaffen raumgreifende Songs in einer aktualisierten Variante dessen, was die Artrock-Szene ihrer Heimat von Egdon Heath über Focus bis zu Ayreon hervorgebracht hat, wobei Metal aber keinen Einzug auf ihrem vierten Album erhielt.
Zur Realisierung ihrer opulenten Kompositionen – man braucht nur auf das symphonische ‚In The Game‘ zu verweisen – arbeitete das Quintett quasi mit einem Dreamteam: Muse-Produzent John Cornfield und an dessen Seite Bruce Soord von The Pineapple Thief, der sich zu einem ausgezeichneten Studio-Tüftler gemausert hat. Die sensibel, hochdynamisch und kunstvoll verwobenen Stücke verhehlen immerzu den jeweils brisanten Textgehalt: Erderwärmung, Respektlosigkeit des Menschen gegenüber der Natur und nicht zuletzt das Los eines Freundes, der das Blutbad im Pariser Club Bataclan überlebte.
So scheint es beim Hören von „Latitudes“ ständig unter der Oberfläche zu brodeln, was unter Miteinbeziehung der nach Surround-Mix schreienden Arrangements zu einem packenden Kopfhörererlebnis führt. Obacht allerdings: Der Einstieg in die ausnahmslos komplexe Materie fällt etwas schwerer, aber nachdem man Gesangs-Chamäleon Maartje Meessen liebgewonnen hat (kein Problem), werden die gegen den Strich gebürsteten Tracks umso schneller begreiflich.
FAZIT: Progressive Rock und Metal mit markanter Frauenstimme - wie Bent Knee, bloß weniger schulmeisterlich oder operettenhaft. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/00ba82797f864a17826b7b13e0b55f47" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 30.11.2017
Gentle Art Of Music / Soulfood
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03.11.2017