Aus Maryland, einem der finstersten Landstriche der USA, erwarten Rock-Kenner zuerst schwermütige Klänge wie jene von Obsessed, doch LIONIZE machten schon auf dem Vorgänger zu diesem Album („Jetpack Soundtrack“) etwas völlig anderes und auch unabhängig davon Unvorhergesehenes – äußerst lebensbejahenden Classic Rock mit sehr dominanter Hammondorgel, der allerdings nur bis dorthin „vintage“ ist, wo es um erprobte Songwriting-Rezepte geht.
Mit dem Stock im Hintern retrospektiv möchte die Band nicht sein; stattdessen hat Überschwang Hochkonjunktur, doch man kauft ihn den Protagonisten ab, wenn sie etwa in ‚Election Year‘ alten Kram des Labels-Stax mit Gitarren-Breitseite oder das Vorzeige-Stück ‚Power Grid‘ mit Handklatsch-Antrieb versehen. Hinzu kommen Percussion- und Soul-Feuer, nicht zuletzt aufgrund des hingebungsvollen Gesangs, der bei aller Euphorie immer glaubwürdig bleibt.
Außerdem fungieren gedämpfte Momente wie ‚Fire In Athena‘ und ‚Ain‘t It A Shame‘ als logische Gegengewichte, die aber nichts daran ändern, dass „Nuclear Soul“ ein schweres Kaliber ist – abgefeuert mit dem Segen von Clutch, den Förderern von LIONIZE auf all jene, die meinen Schlaghose und ein paar Iommi-Riffs seien genug, um die Zeiten zu überdauern.
FAZIT: Funky Riff-Rock amerikanischer Provenienz mit Soul, politischem Sendungsbewusstsein und einer selten in diesem Bereich vernommenen Dringlichkeit. Da fällt kaum belastend ins Gewicht, dass den Typen zum Ende hin ein bisschen die Luft ausgeht. Waren ja auch zu doll, die ersten beiden Drittel …
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.12.2017
The End
55:32
03.11.2017