Sie sind wieder zurück: MACHINE MASS!
Zwar ohne das angehängte TRIO im Bandnamen, obwohl sie wieder als Trio antreten, dafür aber mit einem herrlich psychedelischem Jazz-Rock-Album, das sich JIMI HENDRIX‘ Kompositionen als musikalische Grundlage vornimmt und welches zum Glück wieder an ihr <a href="http://musikreviews.de/reviews/2011/Machine-Mass-Trio/As-Real-As-Thinking/" rel="nofollow">2011er Meisterwerk „As Real As Thinking“</a> anschließt und <a href="http://musikreviews.de/reviews/2014/Machine-Mass-feat-Dave-Liebman/Inti/" rel="nofollow">den schwachen Nachfolger „Inti“ (2013)</a> endgültig vergessen macht. Einen erheblichen Anteil daran scheint besonders, neben dem dem Belgier Delville und dem Amerikaner Bianco, der neue Dritte, Tasten-Zauberer ANTOINE GUENET aus Belgien, zu haben.
Als der Bayrische Rundfunk in seinem Kalenderblatt vom 27. November 2006 aus Anlass des 64. Geburtstags von JIMI HENDRIX, der sich im Alter von 27 Jahren bereits in den „Club 27“ (Bedeutende Musiker, die sich im Alter von 27 Jahren [un]freiwillig aus dem Leben endgültig ausgeklinkt hatten, wie JANIS JOPLIN, JIM MORRISON, KURT COBAIN... und zuletzt mit 4,16 Promille AMY WINEHOUSE) verabschiedete hatte, sehr passend zu seiner Musik feststellte: „Sein Instrument jault und kreischt. ‚The Star Spangled Banner‘ – jeder Ton ist eine bittere Anklage, ist tränenreiche Trauer, Protest, ein wütender Aufschrei gegen die zynische Macht des Establishments. ‚Wir sind gegen euren verdammten Krieg im fernen Vietnam.‘ Die Botschaft ist unmissverständlich. Freiheitssehnsucht und Widerstand, alles steckt in ein paar Gitarren-Läufen“, war in den wenigen Sätzen im Grunde bereits alles zu der musikalischen Faszination hinter Hendrix gesagt.
Nur ist in Beziehung zu MACHINE MASS zugleich auch größte Vorsicht für alle JIMI HENDRIX-Fans geboten, die mit Jazz-Rock nichts anfangen können, denn sie werden garantiert verblüfft und wahrscheinlich enttäuscht <a href="https://vimeo.com/161556786" rel="nofollow">diesen grandiosen Instrumental-Interpretationen der größten Hendrix-Songs</a> lauschen und sich fragen, was das denn soll. Hier ist der „ohrale“ Blick über den Tellerrand von progressiv-rockigem bis hin zu psychedelisch-verspielten sowie frei-experimentierendem Jazz gefragt, wie wir ihn auch von so außergewöhnlichen Jazz-Rock-Größen wie PAT METHENY, WEATHER REPORT oder McLaughlins MAHAVISHNU ORCHESTRA kennen. Allerdings sollte man sogar als Hardcore-Hendrix-Fan bei einer dermaßen geilen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=1JdDsakrco8" rel="nofollow">„Voodoo Chile“-Version</a> wie die von MACHINE MASS doch selbst für solche wilde Musik-Stilistik schwach werden.
Auch wird gleich beim das Album eröffnenden <a href="https://www.youtube.com/watch?v=GQ2kz2CUuOU" rel="nofollow">„Third Stone From The Sun“</a> der Eindruck erweckt, RAY MANZAREK wäre höchstpersönlich aus dem Musiker-Himmel zurückgekehrt, um an der elektronischen Orgel noch einmal die „Riders On The Storm“-Atmosphäre zu entfachen, damit für den daraufhin einsetzenden, HENDRIX alle Ehre erweisenden Gitarren-Part alle Felder besten Spät-60er- und Früh-70er-Jahre-Psyche-Feelings geebnet werden. Auf „Fire“ erfolgt dann außerdem der nächste Keyboard-Himmels-Trip, allerdings in Richtung Mr. Ex-DEEP PURPLE-Orgel-Wizzard JON LORD, dem diesmal ein Bass, der einen regelrecht in Schwingungen versetzt, zur Seite steht – eine echte Wundertüte (nicht nur) an schönen Keyboard-Referenzen, die einem aus den Boxen, welche man nach solchen Referenzen garantiert fast bis auf Anschlag dreht, entgegenschmettern.
Natürlich gibt es ebenso für die rein Jazz-Affinen jede Menge an „Hendrix goes Free(-Jazz)“ zu genießen, ebenso verschieden Synthie-Experimente, Klang-Collagen und Stimm-Samples (von Hendrix?).
Das Verblüffendste am Album ist aber mal wieder, dass MACHINE MASS alle Titel in der gleichen Reihenfolge wie sie auf dem Album festgehalten wurden, live am 18. März 2016 im Lièger Studio5 (Belgien) eingespielt und ohne jegliche Overdubs und nur einem minimalen Editing von Maxime Wathieu aufgezeichnet worden sind. Der Klang ist ausgezeichnet und die Perfektion dieses Live-Spiels ein echter Genuss. Man möchte wirklich kaum glauben, dass solche Aufnahmen ohne jegliche Studio-“Tricksereien“ oder lange Aufnahmezeiten daherkommen. Selbst ein JIMI HENDRIX wäre sicher stolz gewesen, wenn er hören dürfte, was dieses belgisch-amerikanische Trio aus seiner Musik erschaffen hat.
FAZIT: Es ist gewagt, sich auf einem kompletten Album lang mit JIMI HENDRIX-Aufnahmen zu beschäftigen. Noch gewagter aber, wenn man sie in Form von psychedelischem Jazz-Rock präsentiert. MACHINE MASS jedenfalls haben sich mit „Plays Hendrix“ dieser Herausforderung gestellt und überzeugen in punkto Jazz-Rock dabei auf ganzer Linie!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.07.2017
Michel Delville
Antoine Guenet, Michel Delville
Tony Bianco
MoonJune Records
59:27
07.07.2017