ROBERT REED ist unermüdlich und diesmal schreitet er – nicht solistisch auf OLDFIELD-Pfaden – sondern mit seiner Band MAGENTA, inklusive der frisch zur besten Sängerin der CRS Awards gekürten CHRISTINA BOOTH, ähnlich wie im fast gleichlautenden 2008er-Hollywood-Schinken mit WILL SMITH dem Weltuntergang entgegen.
Doch wer hätte gedacht, dass der so schön, wenn auch bedrückend und bedrohlich, klingen kann?
<a href="https://www.youtube.com/watch?v=VzEXkNBJOK8" rel="nofollow">„We Are Legend“</a> überrascht nicht nur dadurch, dass es als Audio-Version – wie bei Rob Reed gewohnt – ausgezeichnet produziert ist, sondern zugleich dem Album eine picke-packe-volle DVD beiliegt, die jeden Klangfetischisten sowie Info- und Alles-Sammler in pure Begeisterung versetzen wird. Denn neben den dolbydigitalen 5.1 und DTS-Mixen des kompletten Albums enthält sie ein sehr informatives, 22 Minuten langes, (leider ohne Untertitel) Interview mit Reed sowie jede Menge (Promo- und Demo-)Videos und mehrere akustische Aufnahmen älterer MAGENTA-Songs.
Wenn wir uns diesmal mit MAGENTA also auf die Reise nicht in Richtung Sonnen-, sondern gleich Weltuntergang begeben, dann begleiten uns dabei atmosphärisch sowie instrumental unüberhörbar PINK FLOYD, YES, GENESIS und MARILLION zu ihren „Misplaced Childhood“-Zeiten. Über allem steht natürlich als Alleinstellungsmerkmal und deutlicher Gegensatz zu benannten, von männlichen Sängern dominierten, Bands der Gesang von CHRISTINA BOOTH, die immer wieder gerne, völlig zurecht, mit ANNIE HASLAM von RENAISSANCE verglichen wird.
Aber auch <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Ja4-E6knpKc" rel="nofollow">das hervorragende, hochglanzgestaltete Cover</a> stellt bereits, wie ROBERT REED im DVD-Interview zu den Hintergründen des Albums verrät, einen deutlichen Bezug zu den Klangwelten der frühen GENESIS her. Bei genauerem Betrachten verwundert nämlich, dass auf dem Weltuntergangs-Szenario nicht – wie es zu erwarten wäre – hungrig-aggressive Wölfe auftauchen, sondern Füchse. Die Inspiration dazu verbirgt sich hinter der Fuchs-Maske, die PETER GABRIEL bei den GENESIS-Konzerten in den Siebzigern trug.
Wenn dann wer ein wenig weiter sucht, so wird er außerdem ein weiteres Mal unübersehbar eine gestalterische Parallele, diesmal zu PINK FLOYDs "Animals"-Cover, entdecken!
Dass sich solche Inspirationen natürlich auch musikalisch auf das Album übertragen, ist fast schon logisch. Und genau diese Logik darf der Hörer von „We Are Legend“ in dem Breitwandsounds von MAGENTA ausgiebig genießen.
Auch bei den Texten gab es klare Anregungen – die ungewöhnlichste wohl auf dem episch-symphonischen, mit so einigen floydianischen „Echoes“-und-“Time“-Bezügen bestückten 25minutigen <a href="https://www.youtube.com/watch?v=oWaJuQcN_aU" rel="nofollow">„Trojan“</a>. Lyriker STEVE REED bezieht sich hierbei auf ein japanisches Manga, das am Ende zu dem weltzerstörerischen Text führte: „Never looking back, destiny all around / Fate at last come / Fight at last won / History begins.“
Es ist wirklich eine wahre Freude, mit solchen Klängen dem Untergang entgegenzugehen. Und sich vielleicht doch ein wenig den Kopf darüber zu zerbrechen, wie lange es wohl noch dauern wird, bis wir in der Vision der „neuen Welt“ angekommen sind, die uns MAGENTA mit eindringlichen, deutlich den Siebzigern huldigendem Prog und tiefgreifenden, fast real erscheinenden Texten aufzeigen.
Auch die beiden Elfminüter „Colours“ und „Legend“ passen sich atmosphärisch genau dem zentralen Longtrack an, auch wenn sie sich konzeptionell nicht daran orientieren. Das bedrückende „Colours“, in dem anscheinend ein Elternteil sein Kind darum bittet, es von seinen Leiden zu befreien und ihm so die letzte Liebe zu beweisen: „Holding your hand and I‘m waiting to die / Save me, love me / Gun in your hand and I‘m waiting to die / Sky bright, sun shine / Field like the sea, I‘m wanting the end.“
„Legend“ wartet dann sogar mit ein paar KING CRIMSON-Referenzen auf und ist der rockigste und komplexeste Song des Albums geworden, der uns gleich noch einmal mit diesen dynamisch-bombastischen Strukturen, die immer wieder durch fragile Piano-Passagen und zärtlichen Gesang durchbrochen werden, darauf hinweist, dass es 5-vor-12 ist und wir irgendwann doch langsam aufwachen und uns bewusst machen sollten: „Got to keep moving and changing / Holding the world in my hand“.
Nach so viel Tiefgang und Retro-Klang, aber auch umwerfend modernen Ideen, komplexen Kompositionen und kristallklarem Sound bleibt im Grunde nur ein zusammenfassendes FAZIT übrig:
Da ist den walisischen Retro- und Neo-Proggern MAGENTA doch tatsächlich mit „We Are Legend“ das beste Album ihrer gesamten 18jährigen Ära gelungen. Ein „volljähriges“, kleines Meisterwerk.
PS: PS: Und wo das Album von Freunden guten Progrocks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, <a href="https://www.justforkicks.de/detail.asp?sid=178002M88N73N219N45&uid=0&id=23784&lid=1" rel="nofollow">genau hier mit einem Klick</a> und nicht bei...
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.06.2017
Dan Nelson
Christina Booth
Robert Reed, Chris Fry
Robert Reed
Jon Griffiths
Tigermoth Production/ Just For Kicks Music
164:03
26.05.2017