Bei den Arbeiten an ihrem neuen Album wollten Skandinaviens Quertreiber Nummer eins im Prog-Bereich keine Kompromisse eingehen, als hätten sie dies zuvor einmal getan. Gehört hat man es zumindest nie merklich auf ihren bisherigen Longplayern, doch dieser hier ist nun ein ganz anderes Kaliber, was Unberechenbarkeit und Farbenfreude betrifft.
„Blackbox“ zeigt MAJOR PARKINSON von Beginn an so futuristisch wie nie. Synthesizer-Akkordflächen stehen weiter als zuletzt im Vordergrund und verleihen den Norwegern eine übersinnliche Aura, die durch die gespenstische Gesangsperformance von Linn Frøkedal (Low Frequency in Stereo) in gleich vier Songs forciert wird. Dazwischen spuken düstere Western-Gitarren (Tom Waits oder Nick Cave lassen grüßen) und zahlreiche weitere Gäste herum, die in Funktion einer Bläsersektion, eines Streichensembles oder zum Erzeugen abseitiger Klangeffekte im Band-eigenen Studio einkehrten.
So wird das vierte Album der Kult-Proggies zu einem Soundtrack für Weltraumreisen der anderen Art, etwa als würde man nach ausgiebigem Hartalkoholgenuss in der Schwerelosigkeit schweben. Die Band weiß aber genau, was sie tut, selbst wenn sie mit diesem oder jenem Song nicht in weniger als zehn Minuten fertig wird (‚Isabel‘, ein der Verfilmung würdiges Minidrama im gesungenen Dialog) oder bei berüchtigten Shows gleich an die 70 (!) Mitmusiker auf der Bühne begrüßt. Zeremonienmeister Yngve Leidulv Sætre behält bei dieser im besten Sinn exzessiven Veranstaltung die Übersicht und geriert sich endgültig zum Outlaw der New Artrock-Szene. Toll!
FAZIT: MAJOR PARKINSON passen spätestens jetzt in keine sauber gezimmerte Prog-Rock-Schublade mehr. Die Band verfolgt mit "Blackbox" einen ganzheitlichen Ansatz, der sich in verschwenderischen Arramgements und Anleihen aus allen erdenklichen Genres äußert: Indie Pop, E-Musik, Americana, Metal und auch Electro, der sich zumindest in der einstweiligen Kühle der aktuellen Tracks äußert. Warm im Sinne von "emotional mitreißend" ist die Scheibe aber trotzdem zu jeder Sekunde, ein famoses Stück zeitgenössischer Klangkunst. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/f436bed272e2414fb8f81e05e898328c" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.10.2017
Karisma / Soulfood
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27.10.2017