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Marco Minnemann: Borrego

Stil: Indie-, Progressive-, Alternative- und Jazz-Rock sowie jede Menge Zappaeskes

Cover: Marco Minnemann: Borrego

MARCO MINNEMANN ist ein Schlagzeuger der absoluten Extraklasse sowie ausgezeichneter Gitarrist aus Deutschland, der noch dazu recht gut singen kann und eine Vielzahl weiterer Instrumente beherrscht. Und dass er bei STEVEN WILSON, <a href="https://www.youtube.com/watch?v=SyjNard5ers&feature=youtu.be" rel="nofollow">THE MUTE GODS</a> und time_continue=2&v=l1yQPhGCjPg" rel="nofollow">THE ARISTROCATS</a> sowie <a href="https://www.youtube.com/watch?time_continue=72&v=I38N8XHJg8U" rel="nofollow">LEVIN MINNEMANN RUDESS</a> hinter den Fellen sitzt, sollte als Referenz für sein Können reichen! Doch im Grunde ist er ein vor eigenen musikalischen Ideen, die sich zwischen Prog und Jazz genauso wie Rock und Singer/Songwriter sowie ABBA und ZAPPA tummeln, nur so übersprudelnder Solo-Künstler, der in beständiger Regelmäßigkeit das eine ums andere Solo-Album raushaut und damit immer wieder den Nagel breitgefächerter, anspruchsvoll-abgefahrener, angenehm-überraschender Musik frontal auf sein festes Musik-Köpfchen trifft. Die Hohlbirnen bleiben draußen, um die können sich ja die Funk- und Fernsehstationen kümmern. Minnemann spielt lieber in seiner ganz eigenen Liga und lässt dabei alles raus, was verstört und gefällt – zumindest diejenigen, für die Musik noch progressives Lebensgefühl statt mainstreamiges Nebenprodukt ist.

Diesmal also gleich ein Doppel-Album – und was für eins, denn es ist zugleich auch ein Konzept-Album geworden, das durch die versteckte, wundervolle Wüstenlandschaft Anza-Borrego – und ganz besonders dem nur dort ansässigen amerikanischen Dickhornschaf (das sog. Borrego) - inspiriert wurde, ein Ort der alle natürlichen Gegensätze vom Wüstensturm bis zur totenstillen Dürre, von brütender Hitze bis nächtlich Kälte in sich trägt, die kongenial auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=dLMQy7Rsof4" rel="nofollow">„Borrego“</a> von MARCO MINNEMANN und seinen namhaften Mitstreitern, wie ALEX LIFESON von RUSH, JOE SATRIANI oder STICK MEN TONY LEVIN vertont wurden. Im Grunde lässt Minnemann dabei all das raus, was er auch bei seinen Projekten mit THE ARISTOCRATS, THE MUTE GODS sowie LEVIN und RUDESS musikalisch umsetzt, nur dass er deren Hardrock, das Zappaeske, das Jazzige, das Progressive und Bombastische geschickt miteinander auf „Borrego“ fusioniert und zu einem abwechslungsreichen Konzept, das niemals den „roten Faden“ verliert, miteinander verbindet. Man muss schon ein echter Dickkopf oder Dickhorn sein, um mit dieser Experimentierfreude gleich ein komplettes Konzept-Doppelalbum zu stemmen.

Dabei werden die eingängigeren Stücke mit Gesang den häufig folgenden Instrumentalstücken, die oft sehr komplex, progressiv, hart oder jazzig, oder im Falle von „Thunderstorm“ mit jeder Menge Free-Jazz-Elementen aufwarten, entgegengestellt, sodass „Borrero“ zum Wechselbad progressiver Musik-Gefühle wird, auf das man sich einlassen muss und welches vom Hörer so einiges abverlangt. „North Bound“ bekommt dann erst ein Schlagzeug-Solo verpasst, um kurz danach sogar unüberhörbar in Richtung ZAPPA abzudriften. „Gold Digger“ erinnert an PAT METHENYs uns LYLE MAYS‘ „As Falls Wichita, So Falls Wichita Falls“, bei „On That Note“ tauchen wir auch mal tief in psychedelische Klanglandschaften ein, während die zweite CD gleich mit einem echten, diesmal von JOE SATRIANI angeführten Gitarren-Kracher beginnt, der den Titel <a href="https://www.youtube.com/watch?v=lu2IugB3pHM" rel="nofollow">„Horsepower“</a> trägt und über wirklich jede Menge Pferdestärken verfügt.

Etwas rätselhaft ist dann, warum ausschließlich auf CD die vier Bonus-Titel (insgesamt ca. 18 zusätzliche Minuten), die sich musikalisch ausgezeichnet dem Album anpassen, enthalten sind und so den Kauf von „Borrego“ fast zwingend notwendig machen. Sogar ein Duett mit weiblicher Beteiligung und eine weitere Instrumental-Nummer mit ALEX LIFESON gehören dazu. Wahrscheinlich ließen sich die Textinhalte einfach nicht dem „Borrego“-Konzept anpassen und das Lifeson-Instrumental „OTN“ ist eine Remix eines älteren Stücks, das sich auch gut auf einem ENO-Album gemacht hätte.

FAZIT: Bei all dieser Dynamik, dem Hin und Her, der Ideenvielfalt sowie der breiten Instrumentierung plus der komplexen Kompositionen kommt einem im Endeffekt neben einem ZAPPA auch immer wieder eine DEVIN TOWNSEND in den Sinn. Genau in diesem Umfeld sowie dem seiner verschiedenen Projekte/Bands mit LEVIN & RUDESS, THE MUTE GODS oder den ARISTOCRATS bewegt sich nunmehr auch MARCO MINNEMANN und sein Konzept-Doppelalbum „Borrego“ ist diesbezüglich eine gelungene Referenz, selbst wenn sich in punkto Gesang noch einige Reserven offenbaren.

PS: Und wo das Album von Freunden guten Prog- und Jazz-Rocks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, <a href="http://justforkicks.de/detail.asp?sid=710302M66N249N66N64&uid=0&id=24362&lid=1" rel="nofollow">genau hier mit einem Klick</a> und nicht bei...

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 17.10.2017

Tracklist

  1. <b>CD 1</b> (63:21):
  2. Sandstorm
  3. The Healer
  4. Thunderstorm
  5. Sculptures
  6. A Random Place
  7. North Bound
  8. Palms Inn Blues
  9. Cutting It Short
  10. Mirage
  11. Gold Digger
  12. On That Note
  13. Everyday Springtime 2017
  14. South End
  15. One Margarita (& The Milky Way)
  16. <b>CD 2</b> (52:59):
  17. Horsepower
  18. What Brought You Here?
  19. 3 Ghosts In A Saloon
  20. Homicide
  21. Lady In White
  22. Vallecito
  23. Hometown
  24. Roadrunner
  25. What Can I Hide?
  26. Broken Part
  27. <b>Bonus Cuts – Exclusive To CD:</b>
  28. Walls
  29. Why Shoukd I Care?
  30. And Over Again
  31. OTN (Remix)

Besetzung

  • Bass

    Maro Minnemann, Tony Levin

  • Gesang

    Maro Minnemann, Donna Zed, Brigitte Roka, Giorgia Vanni

  • Gitarre

    Maro Minnemann, Alex Lifeson, Joe Satriani

  • Keys

    Maro Minnemann

  • Schlagzeug

    Maro Minnemann

  • Sonstiges

    Elizabeth Carlson (Geige)

Sonstiges

  • Label

    Lazy Bones Recordings/Just For Kicks

  • Spieldauer

    116:20

  • Erscheinungsdatum

    18.08.2017

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