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Marillion: Marbles In The Park

Stil: Progressive Rock

Cover: Marillion: Marbles In The Park

Mein lieber Mann, wie schnell doch die Zeit vergeht!
Nun ist es schon 13 Jahre alt, das Album „Marbles“ (2004), mit welchem sich nach den vorangegangenen echten Rohrkrepierern wie „Radiation“ (1998) oder „Marillion.com“ (1999), aber auch dem nur durchwachsenen „Anoraknophobia“ (2001) MARILLION wieder voller Melodramatik und unglaublich intensiver persönlicher Tiefe zurückmeldeten und das „Brave“- und „Strange Engine“-Gefühl ihrer Fans, von denen einige langsam den Glauben an ihre geliebte Band zu verlieren schienen, wiederbelebten.
Genau zur richtigen Zeit.
Denn die musikalischen, nach verrückten Diamanten glänzenden Murmeln, mit denen MARILLION spielten, kullerten zwischen Tragik und Trauer im melancholischen Midtempo, aber auch floydianischem Bombast und süchtig machenden Melodien hin und her, ohne dabei je die konzeptionelle Schwermut abzulegen, die sich hinter dem bedrückenden Kindheitsthema und Erwachsenentrauma des Albums verbirgt.

„Marbles“ war das erste Studio-Doppelalbum von bis dahin insgesamt 13 Studio-Alben der britischen Prog-Rocker, die aktuell mit „F E A R“, in dem einige „Marbles“-Bezüge unverkennbar sind, ihre Fans begeistern und überraschen, da sie sich wiederum den „Brave“-Zeiten zuwenden.
Dem Konzept von „Marbles“ liegt ein Gedicht von STEVE HOGARTH zugrunde, welches als vierteiliges Bindeglied in den musikalischen Kontext eingebunden wurde. Parallel dazu sollte es Bezug auf die englische Redensart: „I lost my marbles“ nehmen, das für „Ich verliere den Verstand!“ steht.
So handeln die Songs von seltsamen Zeitgenossen, denen man durchaus unterstellen kann, nicht mehr bei Sinnen zu sein, begonnen beim unsichtbaren Mann und endend im Niemandsland.

„Marbles“ ist im Rückblick und auch in Vorschau auf alle MARILLION-Veröffentlichungen ihr ruhigstes und atmosphärischstes Album, das bei vielen Freunden der Band gemischte Reaktionen hervorrief. Wer sich allerdings gerne auf ein spannendes Konzept und seine tiefgründige, dunkle, stark neoprogressive Vertonung einlässt – die in gewisser Weise manchmal eine ähnliche Stimmung wie „Shine On You Crazy Diamond“ oder „Echoes“ von PINK FLOYD verbreitet – der wird von „Marbles“ begeistert sein.

Als 2004 „Marbles“ erschien, gingen MARILLION damit auch auf Tour und es wurde eine CD und DVD von ihrem Auftritt im Londoner Astoria (Kombination aus zwei Konzerten vom 11. und 12. Juli 2004) veröffentlicht.
Allerdings fehlten bei diesen Konzerten einige Titel vom „Marbles“-Studio-Album.

Nun also ist es so weit, dass MARILLION tatsächlich im Jahr 2015 ihr komplettes „Marbles“-Album in der originalen Reihenfolge der Titel live in hervorragender Sound-Qualität auf Doppel-CD, DVD und BluRay erklingen lassen. Mitgeschnitten wurde das Konzert im holländischen Center Parcs von Port Zélande am 21. März 2015 – beim Marillion-Weekend, das seit 2002 im Zweijahres-Rhythmus für die Fans ein ganz besonderes Ereignis ist, bei dem Musiker und Anhänger drei Tage miteinander verbringen und grundsätzlich ein einmaliges Konzert mit ganz spezieller Setlist feilgeboten wird, bei dem immer ein Marillion-Album komplett und in gleicher Titel-Reihenfolge wie auf dem Studio-Album live gespielt wird.
Diesmal also ist es „Marbles“!

Die Doppel-CD „Marbles In The Park“, die man separat kaufen muss/kann, enthält ein sehr ansehnliches 16seitiges Booklet voller Konzertfotos und ist für audiophile Klangfreunde ein echter Genuss.
Allerdings entgeht ihnen etwas ungemein Wichtiges, das sie nur im Falle der DVD- bzw. BluRay-Version, die ebenfalls mit dem gleichen, aber vom Format her größeren Booklet ausgestattet sind, geboten bekommen.

Womit wir bei <a href="https://www.youtube.com/watch?v=nzimPCMbXvQ" rel="nofollow">dem audio-visuellen Erlebnis des „Marbles“-Weekends</a> wären, das in einer derartigen Gigantonomie bis dato von MARILLION noch nie – auch nicht bei einem ihrer Wochenenden – präsentiert wurde. Nicht nur die beeindruckende Live-Show, die Lasereffekte und der High-Definition-Sound (in 96KHZ DTS-HD Master Audio 5.1 und 96KHZ PCM Stereo) sind so einzigartig, sondern ganz besonders auch die gigantischen Projektionen und Filme, die genaustens auf den Konzertverlauf abgestimmt sind und so einen echten „Film hinter dem Live-Konzert“ entstehen lassen, der die Story hinter „Marbles“ perfekt illustriert. Die beste Idee aber war, dass auf DVD und BluRay genau diese Filme als Bonusbeigabe – allerdings nur einzeln anwählbar - auch ausschließlich in Verbindung mit der Musik zu sehen sind, sodass man sich einerseits voll und ganz auf das Geschehen und Agieren der Musiker auf der Bühne konzentrieren und andererseits sich auch ausschließlich die Filme dazu ansehen kann und dabei feststellt, mit welcher Akribie dieses Konzertereignis eine gigantische Verflechtung von Musik, Story und Filmen bzw. Bildern darstellt.

FAZIT: Ein unverzichtbares Live-Meisterwerk in rundum ausgezeichneter Qualität für jeden MARILLION-Fan, aber auch für Freunde ganz spezieller Konzertereignisse.

Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.01.2017

Tracklist

  1. CD 1 (62:44):
  2. The Invisible Man
  3. Marbles I
  4. Genie
  5. Fantastic Place
  6. The Only Unforgivable Thing
  7. Marbles II
  8. Ocean Cloud
  9. Marbles III
  10. The Damage
  11. CD 2 (67:48):
  12. Don‘t Hurt Yourself
  13. You‘re Gone
  14. Angelina
  15. Drilling Holes
  16. Marbles IV
  17. Neverland
  18. Out Of This World
  19. King
  20. Sounds That Can‘t Be Made
  21. DVD (134:00):
  22. The Invisible Man
  23. Marbles I
  24. Genie
  25. Fantastic Place
  26. The Only Unforgivable Thing
  27. Marbles II
  28. Ocean Cloud
  29. Marbles III
  30. The Damage
  31. Don‘t Hurt Yourself
  32. You‘re Gone
  33. Angelina
  34. Drilling Holes
  35. Marbles IV
  36. Neverland
  37. Out Of This World
  38. King
  39. Sounds That Can‘t Be Made
  40. Bonus:
  41. „Marbles“ Projection Films
  42. „Unconventional“ Documentary Trailer

Besetzung

  • Bass

    Pete Trewavas

  • Gesang

    Steve Hogarth, Pete Trewavas

  • Gitarre

    Steve Rothery

  • Keys

    Mark Kelly

  • Schlagzeug

    Ian Mosley

Sonstiges

  • Label

    Ear Music / Racket Records

  • Spieldauer

    264:32

  • Erscheinungsdatum

    20.01.2017

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