Wagemutige bitte vortreten! Es werden tapfere Hörer gesucht, die den Klängen von MATHAN standhalten wollen. Das Quartett aus Wien hat sich nach eigenem Bekunden dem Epic Doom Metal verschrieben, und kommt zunächst sympathisch ambitioniert um die Ecke: Die vorliegende Demo-CD wurde an nur einem Tag mit Hilfe analoger Aufnahmetechnik verewigt und macht mit seiner gebirgigen Ästhetik einen einladenden Eindruck.
Wenn jedoch der Gesang des "Strangers" ertönt, wird der Begriff des "Kauzigen" so weit gedehnt, dass es grotesk bis Mitleid erregend anmutet: Braucht der Arme Hilfe? Hat er in den letzten zwei Tagen etwa nichts mehr getrunken? Sollen seine Kiekser vermeintliche Spaßbremsen von vorneherein in die Flucht schlagen? In den "besten" Momenten, also jenen, in denen das Hören nur geringe körperliche Schmerzen bereitet, klingt der Fremdling wie Eddie Vedder, der am Morgen nach einer durchsoffenen Nacht den lästigen Kater zu vertreiben sucht. Es gab im Metal schon immer krass hoch singende Vokalakrobaten, an deren Stimmlagen sich die Hörerschaft entzweite, wie z.B. Conny von Skeptic Sense, doch der Stranger setzt in dieser Hinsicht neue Maßstäbe des (Un)Erträglichen. Doch nicht nur der Sänger irritiert.
Die ganze Band scheint noch auf der Suche nach ihrem Stil, der am ehesten als zarte Ahnung von Proto Metal beschrieben werden könnte, jedoch nie und nimmer als Doom, noch dazu als dessen epische Variante. Überhaupt frage ich mich gleich beim Opener "Beorn", ob die vier Musiker einen gemeinsamen Plan verfolgen, oder doch in zwei bis drei verschiedenen Richtungen unterwegs sind. Das anschließende "Father" tönt da schon eher wie aus einem Guss, allerdings wird auch hier nicht mal durchschnittliches Demo-Niveau erreicht. Das gilt auch für die übrigen Kompositionen: Fragt nicht nach Songaufbau, Spannungsbogen oder Dramatik… Oder habe ich da etwas verpasst? (Was gut möglich ist.) Sind MATHAN vielleicht sogar Vorreiter eines neues Metal-Stils? Helter Skelter Shriek Metal?
FAZIT: Ich bin mir nicht sicher, ob sich MATHAN mit der Grußformel "nice to doom you" in ihrem Demo-Begleitschreiben über die Empfänger lustig machen. Unter "Epic Doom Metal" verstehe nicht nur ich Bands wie Candlemass, Memento Mori, Isole oder Tristitia, doch mit deren Musik (und Klasse) hat MATHAN kaum etwas am Hut. Bei aller grundsätzlichen Sympathie für in Eigenregie erstellte Underground-Tonträger kann ich an dieser Aufnahme nichts finden, was ich als "kultig" oder "kauzig" empfehlen kann. Doch wie eingangs geschrieben: Unerschrockene vor!
Punkte: 3/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.07.2017
DMR
Stranger
Glau
Anacrute
Eigenveröffentlichung
30:16
12.02.2017