Ein Cover, gestaltet vom Band-Gitarristen, – so naiv und begeisternd und tierlieb (selbst wenn man Elefant, Känguru, Tiger, Giraffe und Ratte einen Haselbart verpasst hat), dass die Musik dahinter doch ähnliche Prädikate verbreiten muss?!?!
Und klar doch – sie verbreitet ähnliche Stimmungen für alle, die sich zwischen den zwei großen Toms wohlfühlen, wenn die den akustischen Folk- und Blues-Rock haben. TOM WAITS und TOM JONES, allerdings irgendwie rotziger und geradliniger, natürlich auch viel akustischer, mit ein paar popaffinen Ideen, wie bei <a href="https://www.youtube.com/watch?v=5dNFJ1DsEdI" rel="nofollow">„Tall I‘ve Stood“</a>, als würden auch die CRASH TEST DUMMIES mal kurz ihr grummelndes MmmMmmMmm mit raushängen lassen.
„Schuld“ an diesen Vergleichen ist eindeutig Sänger JAN WEITZENBÜRGER, der sich wohl jeden Morgen mit Whisky die Zähne putzt, damit er nicht die zuckenden Bewegungen, aber die kratzige JOE COCKER-Stimme mit in den jungen Tag nehmen darf, an dem sich Elefant, Affe, Giraffe und alle anderen Tiere richtig lieb haben, während die Homo Sapiens sich an der Börse einen runterholen. Ach was, nicht einen, sondern gleich zwei DAXe, die nichts Tierisches, dafür aber schrecklich Negativ-Animalisches und Gieriges in sich tragen. In solchen Momenten kann einem die reine Akustik, basierend auf Gitarren, Bass, Cajon sowie Percussion und eine Reibeisen-Stimme durchaus hilfreich sein, besonders wenn uns ein Text wie „Satisfied“ entgegengeschleudert wird, in dem es heißt: „Can you see our dying world today / It‘s divided in parts / Poorness and hunger everywhere / Isn‘t it a shame – How we can live satisfied while others die?“ Ähnliches ließ auch häufig ein TOM WAITS mit ähnlich knarzender Stimme verlautbaren.
Musik von einer Band aus Esslingen, die nach den tiefsten, verrauchtesten (Als man tatsächlich noch in Kneipen rauchen durfte!) irischen Pubs schlechthin klingt. Dazu auch noch Sänger Weitzenbürger mit seinem Haselbart, der damit sicher an jedem Flughafen aufpassen muss, ob man ihm in unserem Sicherheitsfanatismus nicht gleich einen ISIS-Sprengstoffgürtel andichtet, während er gerade aus „Fix My Mind“ lauthals singt: „No / No regression / No redemption / No Obsession / Kills my passion!“
Der akustische Rock von NAKED HAZELBEARD ist auf „No Borders“ größtenteils in Moll-Tönen gehalten und es kommt durchaus auch mal zu einem rauchigen „No“-Stöhnen, während die akustische Gitarre unbeeindruckt ihrem Rhythmus folgt. Aber sie kann auch anders, wie auf „The Blues“, urwüchsig und rootsig, während sich durch den Haselbart immer wieder das Wort „Fuck“ schiebt, auch wenn man genau dieses feine Wörtchen in dem Text, der neben allen anderen Texten des achtseitigen Booklets, abgedruckt ist, irgendwie vergessen zu haben scheint. Da frage ich mich echt warum. Fuck! Fuck! Fuck!
FAZIT: NAKED HAZELBEARD touren seit 2011 durch unzählige deutsche Kneipen und Clubs, um dort ihren für solche Etablissements – ganz besonders natürlich für Pubs – ideal geeigneten Akustik-Rock zu präsentieren, dessen unverkennbare Trademark der raue, manchmal ein wenig eintönig wirkende, Gesang ihres Bandleaders ist. Mit „No Borders“ ist ihnen ein zeitkritisch-ironisches und zugleich druckvolles, aber auch immer wieder entspannt-ruhig herüberkommendes Album gelungen, das nicht nur nackten Haselbartträgern, sondern auch Freunden von TOM WAITS oder ZAKK WYLDE viel Freude bereiten wird.
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 11.01.2017
Martin Blanchard
Jan Weitzenbürger
Jan Weitzenbürger, Jan Keller
Katharina Grohmann
Timezone
45:13
28.10.2016