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NeckarGanga: Innad

Stil: Ethno Jazz

Cover: NeckarGanga: Innad

Auf der Achse Mannheim-Varanasi (Indien) ist mit NECKARGANGA ein Projekt entstanden, das orientalische Weltmusik mit einem Jazz-Ansatz spielt und mit frischen Kompositionen auf eine jüngere Hörerschaft abzielt. Gleichwohl man sich an die Grundeigenheiten klassischer indischer Klänge gewöhnen muss (etwa lange melodische Phrasen, die sogenannten Ragas), erweist sich das Erlebnis, "Innad" zu hören, als unerwartet zwanglos.

Das Sextett entwickelt zuweilen einen beeindruckend dichten Sound, dessen Bestandteile stets ebenso differenzierbar blieben wie die Strukturen der Kompositionen an sich. Darin begegnet man neben halsbrecherischen Unisono-Passagen einer im Gegensatz dazu beinahe traditionell jazzig aufspielenden Rhythmusgruppe aus bauchigem Bass und perkussiven Trommeln. Kennt man den entstehungsgeschichtlichen Hintergrund der Formation, wird der Ursprung dieses nahtlosen Crossovers umso ersichtlicher.

NECKARGANGA begannen als Liebhaberei von Steffen Dix (Saxofon) und Peter Hinz (Percussion), die bei Abstechern nach Indien Musik an einer internationalen Schule studierten. Man schloss sich mit Tabla-Experte Keshava Rao Nayak und dessen Sohn Sandip Rao Kewale zusammen, der das gleiche Instrument bedient, ehe der Sitar-Spieler Shyam Rastogi die vorläufige Besetzung vervollständigte. Ergo stoßen in der Band Orient und Okzident auf ideale Weise zusammen und gehen ineinander auf, obgleich die indische Musiktradition definitiv dominiert.

"Innad" wurde nicht zuletzt auch mithilfe der Orientalischen Musikakademie Mannheim umgesetzt, wozu Kontrabassist Jonathan Sell hinzustieß. Die Stücke auf dem Album sind hörbar für den Bühneneinsatz geschaffen, den NECKARGARNA bereits mehrmals und teilweise an besonderen Orten wie dem Ufer des Ganges vollzogen haben.

Der Stil der Band spiegelt geradezu trotzige Lebensfreude wider und deutet ungeachtet der heiteren Anmutung eine gewisse Spiritualität an, wobei die Gruppe weitgehend rein instrumental agiert, sporadische Kaydas (rhythmischer Silbengesang) einmal ausgenommen. Improvisation gehört im indischen Kulturkreis in gleicher Weise dazu wie im Vergleich zum Westen erweitertes Tonmaterial (Zwölftonskala, etc.), was aber keine längere Eingewöhnung erfordert, selbst wenn einem solche Klänge nicht vertraut sind.

So stellt sich "Innad" als emotional greifbarer Eindruck von Fremde heraus, die nicht lange eine solche bleiben wird, wenn man nur ein wenig Muße mitbringt, um in die Welt der Schöpfer einzutauchen. Diese lässt sich kurzgefasst ungefähr als authentische indische Klassik mit einem Hauch deutscher Schulmeisterlichkeit bezeichnen.

FAZIT: NECKARGANGA sind nicht nur Botschafter für (musikalisches) Völkerverständnis, sondern haben mit "Innad" auch ein Album geschaffen, das sich abseits kulturwissenschaftlicher Erwägungen schlichtweg als Sammlung stimmungsvoller Songs voller eindrucksvoller Handwerks- und Arrangierkunst rezipieren lässt. Die Macher bieten nicht umsonst Workshops für interessierte andere Musiker an.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.08.2017

Tracklist

  1. Neckarganga
  2. Ganga Path Pt 1 a tribute to Ravi Shankar
  3. Ganga Path Pt 2
  4. Encounter
  5. What Happened!
  6. Meet Again

Besetzung

Sonstiges

  • Label

    Eigenvertrieb

  • Spieldauer

    55:32

  • Erscheinungsdatum

    04.08.2017

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