Liebäugelei mit dem Mainstream auch bei diesen extremen Vordenkern? Matthew Rozeik und AJ Cookson alias NECRO DEATHMORT treten aktuell zwar auf Steven Wilsons Pop-Entwurf „To The Bone“ in Erscheinung, doch dies deutet mitnichten an, wohin die Reise auf ihrem neuen Album geht. Von massenkompatiblen, wenn auch kunstvoll inszenierten Liedern im handelsüblichen Sinn kann bei ihnen keine Rede sein. 2017 fließen die Soundinstallationen der zwei so nahtlos ineinander wie nie, gleichzeitig da sie jeweils gut für sich selbst stehen können. Kunststück? Kunststück, oh ja.
„Overland“ unterscheidet sich nicht gerade maßgeblich vom vorangegangenen „The Capsule“ (2016), wartet aber anders als jenes mit akustischen Klangerzeugern auf, die das stilistische Repertoire des Duos wenn nicht erweitern, so doch zumindest um neue Soundfacetten bereichern. Das Fundament bleibt selbstredend elektronisch, doch jene „natürlichen“ Nuancen hieven die Tracks aus dem Milieu eher konventioneller Modi wie etwa EBM heraus. Das Material bewegt sich stattdessen zwischen Noise und Ambient respektive Drone, fällt in nur unwesentlichem Maße rhythmisch aus und fußt stark auf Synthesizer-Klängen, die ihm einen entschiedenen Soundtrack-Charakter verleihen.
Den zugehörigen Film stellt man sich düster vor, ohne dass das Projekt Abgründe ausleuchten würde. So lässt es verschiedene Deutungen zu, die bei rein instrumentaler Musik in Ermanglung dezidierter Textbotschaften auch unerlässlich sind, um längerfristig zu fesseln – und das schafft diese Platte in der Tat, auch wenn sie keine einprägsamen Augenblicke verzeichnet.
FAZIT: "Overland" bietet eine eindrucksvolle Klangkulisse, wie man sie nicht überall hört bzw. vor dem geistigen Auge wahrnimmt. NECRO DEATHMORT zeigen sich einerseits so abstrakt wie gewohnt, reichen hiermit aber die vielleicht live-tauglichsten Tracks ihrer bisherigen Laufbahn ein. Man kann sich prima vorstellen, wie die beiden Macher ihr Publikum mit diesem düsteren, aber nicht lichtlosen Stoff zwischen Synthetik und Organik um den Finger wickeln.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 01.10.2017
Profound Lore
41:09
06.10.2017