Dieses Live-Album schreibt bereits im Vorfeld seiner Veröffentlichung Geschichte. Für den Musikfreund zwar eine sehr erfreuliche, denn wer hätte gedacht, noch einmal das komplette „A Tab in The Ocean“ (1972) oder „Good Day“ (1973), „Cast Your Fate“ (1973) „Desolation Valley“ (1974) und weitere echte Nektar-Klassiker der Siebziger anno 2015 zu hören? Aus Sicht des Kopfes von NEKTAR, Roye Albrighton, ist es aber eine sehr traurige, denn dies sind zugleich die letzten erhaltenen, am 29. September 2015 mitgeschnittenen Live-Aufnahmen von ihm und seiner Band.
Etwa ein halbes Jahr später, während Albrighton noch an genau diesem Album arbeitete, <a href="http://musikreviews.de/news/NEKTAR-Gruender-und-Frontmann-ROYE-ALBRIGHTON-gestorben/3915/" rel="nofollow">verstarb er am 26. Juli 2016 an einer schweren Krankheit</a>, die dem progressiven Rock damit einen weiteren ausgezeichneten Musiker nahm: „This last recording of the band with Roye has great energy and projects what we all felt that night, which was our love of NEKTAR... Although this is the last recording of Roye Albrighton, his presence will always continue to glow in our hearts, whether on or off the stage.“ (Widmung im dreifaltigen Digipak)
Natürlich hört man auch bei diesen Live-Aufnahmen, wie es sich bereits bei „Book Of Days“ im Jahr 2008 ankündigte, dass die Stimme von Roye Albrighton bereits etwas gelitten hat, nicht mehr sauber klingt. Dafür aber ist das raue Timbre, welches dem Gesang etwas Besonderes verlieh, nach wie vor erhalten geblieben – und die Musik selber ist sehr guter Progressive Rock, bei dem besonders die Orgel immer wieder eine wichtige Rolle spielt und dessen Wurzeln eindeutig in den Siebzigern liegen und die, spätestens seit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=1NdBoSpV8kI" rel="nofollow">ihrem Auftritt beim NEARfest-Festival 2002</a> und <a href="https://www.youtube.com/watch?v=4VTmeedJ5qM" rel="nofollow">2005 beim Rockpalast</a>, keine Vergleiche zu solchen Bands wie GENESIS, CAMEL oder ELP zu scheuen brauchen, was schon durch den Einstieg mit dem Longtrack „Tab In The Ocean“ durch NEKTAR bewiesen wird.
Selbst ausgiebige psychedelische oder hardrockige Ausflüge unternehmen NEKTAR problemlos, während ein Song wie „Good Day“, der das Konzert beendet und in dem ein Orgel-Solo erst für DOORS-Atmosphäre sorgt und dann harte E-Gitarren-Riffs die Führung an sich reißen, feinster Prog sind, der ohne jegliche Peinlichkeit an die längst vergangenen Zeiten erinnert. Zeiten, die leider ein paar Monate später dann am 26. Juli 2015 endgültig für immer ruhen sollten.
NEKTAR ohne einen Albrighton, selbst wenn dessen Stimme nicht mehr ganz frisch klang, sind eben ähnlich unvorstellbar wie KING CRIMSON ohne FRIPP oder VAN DER GRAAF GENERATOR ohne HAMMILL.
FAZIT: Sireena Records setzt mit diesem geschichtsträchtigen, weil letztem Live-Album von NEKTAR, bevor Roye Albrighton verstarb, ihre immer beliebtere Serie „On Stage In Concert“ fort. „Live in Bremen“ präsentiert die britische, sich in Deutschland niedergelassene Band in beeindruckender, progressiver Live-Form, ohne dabei altersweise zu wirken. Vielleicht gerade darum, weil sie hier ihre epischen Longtracks der 70er-Jahre in das Jahr 2015 verlegen und so eindrucksvoll ihre eigene Musik-Geschichte aufarbeiten.
PS: Und wo das Album von Freunden guten, geschichtsträchtigen Live-Prog-Rocks gekauft wird, ist ja eigentlich klar, <a href="http://www.sireena.de/cat-n.html#SIR2162" rel="nofollow">genau hier mit einem Klick</a> und nicht bei...
Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.07.2017
To Fry
Roye Albrighton, Ron Howden, Klaus Henatsch
Roye Albrighton
Klaus Henatsch
Ron Howden
Sireena Records / Broken Silence
115:37
05.05.2017