Kennste schon die Neue von NESSERIA? Die heißt …
So schwer es nicht-frankophonen Musik-Fans fallen mag, einen Albumtitel wie „Cette érosion de nous-mêmes“ ohne Copy/Paste wiederzugeben, so leicht fällt es, das dritte Album der Post-black Metal/-Hardcore-Truppe jenseits aller Sprach-Barrieren in äußerst positiver Erinnerung zu behalten.
Die CONVERGE-hafte Schlagkraft des Frühwerks lässt die Band auf Album No. 3 größtenteils im Schrank. Stattdessen wird großer Wert auf Atmosphäre gelegt – nicht die Postrock-Schlaftablette, aufgelöst in einer Gallone Reverb, sondern erhabene, wildromantische Melodien, die in bester Dampfwalzenmanier daher rollen. Nicht nur der bärenstarke Einstieg mit <a href="https://youtu.be/GSkXdL2nKZ0" target="_blank">„On prendra l'habitude“</a> erinnert an Bands wie ULTHA, AMENRA, (GHOST BATH,) oder WOLVES IN THE THRONE ROOM. Mit letzteren waren NESSERIA auch schon auf Tour. Allerdings legen die Franzosen keinen Wert auf Naturmystik und halten sich auch allzu drückende, schleppende Schwere vom Leib. Dies ist auch im Soundbild wiederzufinden, das eine sehr passende raubeinige Leichtfüßigkeit ausstrahlt.
Die in kompromisslosem Schreivortrag dargebotenen Vocals dürfen nicht unerwähnt bleiben. Nicht nur, wenn in „A l'usure“ eine sanfte Akustikgitarre nachhaltig in die Ecke gescreamed wird, fühlt man sich an <a href="https://youtu.be/FsbrcRMBsks" target="_blank">Jeremy Bolm</a> erinnert. Wiewohl die Texte praktisch unverständlich sind, wohnt der klaren und bissigen Artikulation sehr viel packende Dynamik inne.
Auf dieses Stichwort hin beginnen wir den Lobgesang auf die vielen großen Momente, die sich hier finden lassen. In den kontrastreichen und leuchtenden Farben, die das Cover beherrschen, malen NESSERIA auch ihre Songs: „Dans l'ombre et sans visage“ entwirft dramatische Ölgemälde von der Apokalypse – um sie in fröhlichem Rasen wieder in Stücke zu reißen. „La chasse aux écureuils“ kokettiert mit ALCEST, ehe es sich in einen die Trommelfelle massierenden Dur-Moll-Tsunami verwandelt. Aus dem Rahmen fällt das primitiv ratternde „Forteresse“, dem man vielleicht einen Untertitel wie „Panzerdivision Vans“ verpassen könnte.
Zwar bekommt man vor dem Monumental-Finale „Cette érosion de nous-mêmes“ auch ein paar wenige weniger zwingende Songs zu hören, wie das erwähnte, interlude-hafte „A l'usure“, oder das etwas gebremste „Les ruines“. Zuweilen sind auch die Übergänge und Zäsuren, die die Stücke gliedern, nicht wirklich überraschend.
FAZIT und Dennoch: Als Ganzes betrachtet ist „Cette érosion de nous-mêmes“ ein wahrlich beachtliches Album am Knotenpunkt von Black Metal, Shoegaze, Hardcore Screamo…, das kaum jemals den frischen Wind aus den Segeln verliert.
P.S.: Wer Blut geleckt hat, kann nicht nur die ersten beiden Alben von NESSERIA gratis auf <a href="https://nesseria.bandcamp.com/album/fractures" target="_blank">Bandcamp</a> downloaden, sondern die Band auch in den nächsten Wochen/Monaten live erleben – in Deutschland hat man dazu in Köln, München und Würzburg Gelegenheit.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.12.2017
Deadlight Entertainment
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06.10.2017