Nach "All Or Nothing'" (2014) baut "Highway Queen" NIKKI LANE ihren Country-Americana-Sound weiter gen Mehrheitsfähigkeit aus und gewinnt auf allen Ebenen mit vielschichtigen wie massentauglichen Kompositionen, denen es nicht an Einfühlsamkeit und Identifikationspotenzial mangelt.
Vor allem sind die Tracks fast alle verboten eingängig. Lane selbst hat die Scheibe mit ihrem Macker und Singer-Songwriter-Kollegen Jonathan Tyler produziert, der bereits Townes van Zandts 'To Love Is To Fly' im Duett mit ihr intonierte, da kann sie im Titelstück noch so oft wiederholen, als Königin keinen Mann an ihrer Seite zu brauchen. Andererseits zeigt sie sich ohnehin oft recht verletzlich, zumindest wenn man 'Companion' oder das ähnlich versonnene 'Foolish Heart' als Maßstäbe anführt.
Den Kontrast dazu bilden etwa das treibende 'Jackpot' oder der reißerische Opener '700,000 Rednecks', der zu der Heiterkeit der allerorts auftretenden Sixties-Pop-Bezüge passt. Nichtsdestoweniger bestimmen staubige Klangkulissen, Echo-Gitarren und jegliche andere Staffage das Bild in erster Linie, wobei Lane Authentizität nicht mit einer Retro-Klangästhetik gleichsetzt; stattdessen verbürgt sie sich allein mit ihrer Herkunft dafür, dass ihre Musik "echt amerikanisch" ist.
Das wäre aber unerheblich, wenn die Scheibe jeglicher Emotionalität entbehren würde, und das tut sie eben nicht. So schwelgt man mit, wenn die Chanteuse herumkiekst, ihr 'Big Mouth' zur Kneipenschlägerei aufreißt oder in zünftiger Weise 'Muddy Waters' huldigt. Sollte sich die Zukunft des Country Rock so anhören, klatschen wir freudig Beifall und den reaktionären Rotnacken, die sich gegenwärtig noch an der kommerziellen Spitze der Szene tummeln, ein, zwei flache Hände in die Visagen.
FAZIT: Zeitgenössischer Country Rock voller Klischees als Mittel zu deren Negierung … ergibt das Sinn? Im Fall von Nikki Lane definitiv, denn wenn das verstockte Tagesgeschäft in dieser ertragreichen Branche (so muss man das Treiben vor allem in Nashville schon nennen) eines braucht, dann ein kräftiges Augenzwinkern nebst Arschtritt. <img src="http://vg09.met.vgwort.de/na/9f59985cf9254cbbb348f090ee1c7c5f" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 23.02.2017
Pias / New West
45:35
10.02.2017