Kann sich irgendjemand vorstellen, dass GENESIS auch mit Growl-Gesängen die musikalische Prog-Bühne entern würden?
Nein?
Nach dem Hören von PERSEFONE und <a href="https://www.youtube.com/watch?v=hy1IeW0OLB4" rel="nofollow">ihrem aktuellen Album „Aathma“</a> bestimmt. So viel vorab!
Denn das ist nur der erste, anfängliche, ein paar Minuten andauernde Eindruck bis PERSEFONE alle DREAM THEATER- und SYMPHONY X-Fraktionen sowie Growl-Freunde, die auch ruhige Momente zu schätzen wissen, rundum glücklich machen wird.
Knapp vier Jahre nach dem begeistert aufgenommenen „Spiritual Migration“ dringt wieder progmetallische, frische Musik-Luft aus dem Zwergenstaat Andorra wie ein Wirbelwind in unsere Gefilde.
PERSEFONE sind mit neuem Gitarristen sowie neuem Schlagzeuger und natürlich ihrem neuen Album „Aathma“ zurück an der Prog-Metal-Front.
Nachdem mit zwei (!!!) Intros sowie Piano- und an GENESIS erinnernden ruhigen Klängen „Aathma“ zu atmen beginnt, überrennt einen die mythische Göttin zwischen Unterwelt und Olymp in atemberaubendem Tempo, das spätestens bei <a href="https://www.youtube.com/watch?v=NnRAIwLql1g" rel="nofollow">„Prison Skin“</a> keinen Halt mehr kennt. Auch wenn sich nun alle endgültig verabschieden werden, denen Growls ein Grauen sind, so werden trotzdem diejenigen bei der Stange bleiben, die schwindelig machenden Prog Metal, der zugleich auch jede Menge Klargesänge enthält, lieben.
Leider ist die Growl-Tendenz während der gut einstündigen progmetallischen Klangreise durch das PERSEFONE-Universum doch ein wenig zu stark ausgeprägt, zumindest aus Sicht des Kritikers, der zwar sehr gut mit diesem Geschreie leben kann, es aber lieber in kleineren Dosen genießt, wie beispielsweise auf den frühen Alben von OPETH, die übrigens eine hervorragende Vergleichsgröße für „Aathma“ darstellen.
Melodischer Rock trifft auf Progressive Death Metal und Metalcore sowie immer wieder geschickt eingeflochtene, akustische Momente voller Schönheit und Ruhe. Ein Wechselbad der Musik-Gefühle eben, bei dem mal kochend heißes, dann wieder eiskaltes Wasser in die Wanne, in der man bereits sitzt, gelassen wird, während dabei immer wieder kunterbunte Schaumbläschen ein schönes Spiel auf der Wasseroberfläche veranstalten. Man höre nur nach dem knüppelharten „Spirals Within Thy Being“ das wunderschöne Instrumental „Cosmic Walkers“, das die Herzen aller PINK FLOYD-Fanboys höher schlagen lassen wird. Ähnlich geht es während den 64 „Aathma“-Minuten beständig hin und her, wobei PERSEFONE vorrangig darauf achten, dass die Hartmetaller mehr auf ihre Kosten kommen als die klassisch floydianischen Progfreunde.
„Living Waves“ ist dann ein wahres Riff-Feuerwerk, mit welchem die vierteilige Titeltrack-Suite eingeleitet wird, in der PERSEFONE konzeptionell noch einmal alles in die Waagschale werfen, womit sie bis zu diesem Zeitpunkt ihre Hörer schon 45 Minuten lang beglückt haben.
Das 16seitige, von Travis Smith sehr schön gestaltete Booklet nimmt uns zugleich optisch und textlich mit auf die „Aathma“-Reise, welcher man auf diese Weise noch intensiver folgen kann, wenn einen nicht gerade das wilde, rhythmische Kopfnicken dabei ablenkt.
FAZIT: Sie lassen nichts anbrennen, die progressiven Prog-Metaller mit leidenschaftlichem Hang zum Growlen, wenn sie ihr metallisches Feuerwerk auf „Aathma“ zünden. PERSEFONE aus Andorra erheben sich schreiend aus ihrem Zwergenstaat zu den Riesen in der Prog-Metal-Szene.
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.03.2017
Tony Mestre
Marc Martins, Miguel Espinosa
Carlos Lozano, Filipe Baldaia
Miguel Espinosa
Sergi Verdeguer
ViciSolum Records/Rough Trade (Sound Pollution)
63:50
24.02.2017