Er ist eine Legende, einer der besten Gitarristen im weltweiten Musik-Universum und natürlich der Typ, der ROXY MUSIC in seinen Anfängen gemeinsam mit ENO, BRYAN FERRY & ANDY MACKAY zu dem hat werden lassen, was dieser Band einen Heiligenschein im ewigen Rock-Olymp verpasste: PHIL MANZANERA! Sein Solo-Album „Diamond Head“ ist ein wahres Erweckungsalbum großartigen Gitarren-Rocks und seine Zusammenarbeit mit ENO auf dessen Meisteralben „Here Come The Warm Jets“ und „Taking Tiger Mountains (By Strategy)“ sowie in der Band 801 mit das Beste, was im progressiven Rockmusik-Bereich jemals irgendwelche Musiker zustande gebracht haben.
Und nun sowas!?!?
Ein Live-Album, das im Juli 2015 beim bekannten britischen Literatur-„Curious Arts Festival“ mitgeschnitten wurde. Und über das der Kritiker dieser Zeilen zumindest am liebsten den Mantel des Schweigens breiten würde.
Doch lassen wir zuerst Manzanera selber zu Wort kommen, wenn er die Zusammenarbeit mit den im Grunde noch blutjungen Musikern über den grünen Musik-Klee lobt:
„Dies ist meine internationalste Band. Es ist für mich sehr aufregend, mit solch einer talentierten Gruppe junger Musiker zu spielen. Da muss ich zusehen, dass ich in Bestform auf die Bühne gehe. Du weißt nie, wann es einen dieser magischen Momente gibt, aber in diesem Zelt auf dem englischen Land, da ist es passiert.“
Oh je, warum nur hört man diese magischen Momente vor seiner heimischen Anlage nicht, wenn man das Album, welches noch nicht einmal in sonderlich guter Tonqualität aufgenommen ist, recht dumpf und mit viel zu wenigen Höhen rüberkommt, in seinen Player geschoben hat.
Manchmal traut man es sich gar nicht zu schreiben – aber genauso bescheuert wie das affige Cover kommt mitunter auch die Musik rüber, bei der Musik-Opa Manzanera mit seinen Musik-Enkeln The Sound Of Blue Band spielt.
Schlimmstes Beispiel ist diesbezüglich die Disco-Nummer – ja, so muss man sie wirklich nennen - „Stormy Weather“.
Dabei fängt mit dem wunderbar retrolastigen, siebzigerorientierten Instrumental „High Atlas“ alles so gut an.
So könnte es nur zu gerne weitergehen. Denn das, was wir hier noch zu hören bekommen, ist der typische Mantanera, der, der uns an frühe ROXY MUSIC erinnert. Eben ohne Gesang zwar, aber trotzdem genauso gut. Die bis hierhin beteiligten Musiker aus Brasilien, Spanien, Israel und Argentinien, von denen einige sogar Mitglied bei RAZORLIGHT oder den STEREOPHONICS sind und bereits mit DAVID GILMOUR, NIGEL KENNEDY und anderen auf der Bühne standen, machen ihre Sache richtig gut.
Doch dann kommt der schreckliche Musikwandel direkt aus Portugal in Form der Sängerin SONIA BERNARDO, der aus dem tollen Konzert-Anfang eine banale Musik-Mischung aus völlig weichgespülten ROXY MUSIC-Songs und vermeintlichen Disco-Hits werden lässt.
Absolute Schwachpunkte sind in erschreckender Weise die Klassiker von ROXY MUSIC, die wie der billigste Abklatsch einer RM-Cover-Band klingen, welche statt auf eine charismatische Stimme im Stil von BRYAN FERRY zurückzugreifen, sich denken: „Ach, wir haben ja gerade nur eine Sängerin zur Verfügung, die wird das auch schon irgendwie hinbekommen!“
Bekommt sie nicht – nicht die Bohne. Man sehnt sich mit jedem Ton nach Mr. Ferry und überlegt, ob man nicht doch besser die Skip-Taste drücken sollte, um nach einer so schlechten Interpretation das Original weiterhin in guter Erinnerung zu behalten.
„Magdalena“ - zum Glück ein weiteres Instrumental – entschädigt einen dann kurz noch einmal durch seine deutliche SANTANA-Inspiration, was allerdings nur kurz anhält, denn das pure Musikgrauen zieht dann als „Stormy Weather“ auf und lässt uns bis zum Ende nicht mehr los. Ein zerstörerischer Musik-Taifun tänzelnder Banalität.
FAZIT: „Live At The Curious Arts Festival“ (Juli 2015) ist ein weiteres Live-Lebenszeichen des begnadeten ROXY MUSIC-Gitarristen PHIL MANZANERA, auf das sich sicher viele gefreut haben. Was er uns hier aber mit einer Sängerin und viel zu häufig Disco-orientierten Musik-Rhythmen anbietet, ist eine glatte Enttäuschung. Die wenigen Instrumentaltitel überzeugen, alles andere, besonders die ROXY MUSIC-Coverversionen, klingen wie der traurige Abgesang eines dem plötzlichen Jugendwahn verfallenen Gitarristen, der, statt sich auf sein eigenes Können zu verlassen, ein paar jugendlichen Musikern, von denen die meisten noch nicht die 30 erreicht haben, das Musik-Zepter überlässt. Eine echte Enttäuschung!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.03.2017
Yaron Stavi
Sonia Bernardo
Phil Manzanera, Lucas Polo
Joao De Macedo Mello
Javier Weyler
Joao De Macedo Mello (Saxofon)
ear Music / EDEL
46:33
03.03.2017