Zurück

Reviews

Planting Robots...: Roots

Stil: „Das ist irgendwie Indie, Prog, Rock, Elektro und Pop.“

Cover: Planting Robots...: Roots

Da hauen drei junge Burschen ein Album raus, das sie „Roots“ nennen, obwohl es musikalisch nach keinen Wurzeln sucht bzw. irgendwo fest verwurzelt erscheint, sondern pflanzen ein sehr eigenständiges, neues Musik-Bäumchen und nennen sich auch noch PLANTING ROBOTS…, trotzdem sie eine herrlich handgemachte, tatsächlich progressive Musik, die auf überflüssige Mechanismen verzichtet, zum Besten geben. Wer solchen Sinn für Humor hat, der macht auch gute Musik – da kann man Wetten drauf abschließen, selbst wenn man nicht wettet, weil das süchtig machen könnte. Aber auch „Roots“ könnte süchtig machen, so viel sei vorab schon mal zur Warnung gesagt und geschrieben.

Was also erwartet uns auf „Roots“?
Und irgendwie wäre dieses deutsche Trio wohl nicht PLANTING ROBOTS..., wenn sie uns nicht sogar selbst das auf ihre ganz eigene Art vermitteln würden: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=KXtX6PxLGJ0" rel="nofollow">als Video-Botschaft</a>.
Und die Aussagen der drei Jungs sprechen wirklich für sich:

„Für mich ist es immer sehr wichtig, wenn ich Musik mache, einen neuen Sound zu kreieren. Und ich finde, das schaffen wir.“ (Ingo Hassenstein)

„Wir machen PLANTING ROBOTS...-Style-Musik! Das ist irgendwie Indie, Prog, Rock, Elektro und Pop.“ (Stephan Emig)

„Wir entwickeln alle Songs aus der Improvisation heraus. Wir fangen an zu improvisieren, ohne eine Vorlage und schneiden alles mit. Das machen wir zum Teil tagelang so – und so ist die Band entstanden.“ (Dirk Hoppe)

Das Ergebnis bei solcher Herangehensweise ist verblüffend, heißt „Roots“ und erfüllt all die Anforderungen und Charakteristika, die sich die drei selber vorgeben. Dieses Album ist auf dem deutschen Musikmarkt eine echte Entdeckung, weil es den Mut (andere würden „Frechheit“ sagen) besitzt, sich keinen Schemata oder überflüssigen Erwartungshaltungen zu beugen, sich beim Mainstream anzubiedern oder verBOHLtEN Idioten in den castingformatierten Arsch zu kriechen, weil dort am Ende eben doch nur temporäre Musik-Furze zu finden sind.
PLANTING ROBOTS.. sind der Wirbelsturm zwischen den vielen lauen Format-Pupsen. Leider übertreiben sie aber etwas zu sehr bei den Electro-Beats und fabrizieren ein paar überflüssige Disco-Rhythmen, selbst wenn die bei „Bittersweet“ ein herrliches TEARS FOR FEARS-Feeling plus Schlagzeuig-Solo verbreiten, dem ja bereits auch ein STEVEN WILSON erlegen ist. Und mit <a href="https://www.youtube.com/watch?v=1jE6laXEyt8" rel="nofollow">„Afterglow“</a> erwartet alle zartfühlenden Romantiker eine außergewöhnliche Ballade, welche sich sogar aufmacht, am Ende noch zu einer ganz großen Hymne zu werden.

Mit ihrem Debüt jedenfalls passen sich die drei Musik-Freunde mit dem guten, aber trotzdem sehr unterschiedlichen Geschmack keiner Mode an, sonder entdecken großartige Hooklines genauso wie extrem „krumme“ Prog-Takte, lassen es mal ordentlich krachen, um dann ganz schnell wieder zu ein paar romantischen Schmuse-Bären zu werden, die sich in „Why Would I Leave“ und „If You Left“ völlig der Frage hingeben: „So how could I leave“ bzw. „If you left without a trace“.
Manchmal würde man sich, wenn man neugierig das 24seitige Booklet durchblättert und die Lyrics liest, allerdings doch wünschen, dass die Texte etwas mehr Aussagekraft hätten, vielleicht eine spannende Geschichte erzählen, die sich nicht zu schnell in Oberflächlichkeiten erschöpft.

Und dann gibt‘s da noch ein grandioses Qualitätsmerkmal, das genau die Erinnerung weckt, die man sich ein ganzes Album lang wünscht.
Denn bei (dem viel zu kurzen Stück) <a href="https://www.youtube.com/watch?v=nHpFg_zjzN4" rel="nofollow">„I Can‘t Sleep“</a> kommt einem gar die grenzüberschreitende Spitzenband BENT KNEE in den Sinn. Und genau hier kann man bei den PLANTING ROBOTS... und ihren Vorstellungen ansetzen. Es gibt eben doch immer eine Vergleichsgröße – und in diesem Sinne ist es eine hervorragende. So gesehen adeln sich PLANTING ROBOTS... damit regelrecht selbst, auch wenn sie deutlich stärker auf die musikalische Suche nach Hooklines gehen, statt nach wilden experimentellen Ideen zu suchen.
Eigentlich schade!
Aber eigentlich auch verständlich.
Das wird dem einen gefallen, den anderen vielleicht enttäuschen.
Eins ist trotzdem klar: der Weg auf dem sich PLANTING ROBOTS... befinden, ist genau der richtige, um sich von all dem oberflächlichen Schubladen-Denken souverän abzusetzen und statt einer Schublade präsentieren die Drei gleich einen ganzen Schrank, der aus lauter schönen, mal einfarbig gehaltenen, aber auch extrem bunten, fast verrückten Fächern besteht.
Hinzu kommt noch, dass, um es in den Worten des Sängers auszudrücken: „Wir sind alle drei audiophile Nerds und diese Seite konnten wir hier voll und ganz ausleben“, der Sound großartig ist, viel Volumen und ausgezeichnete Stereo-Effekte sowie spannende Klangspielereien aufweist. Ein wahres Klangerlebnis, das seinesgleichen sucht!

FAZIT: Man muss viele musikalische Stilrichtungen, die sich mitunter nicht immer ergänzen, sondern manchmal gar ausschließen, mögen, um am Ende auch „Roots“ von PLANTING ROBOTS... zu mögen. Das leidenschaftliche Musik-Trio aus Hamburg vereint in seiner Musik progressiven Rock mit Pop oder Indie und Electronic Beats. Am Ende erwartet den Hörer eine spannende Musik-Mischung im kristallklaren Sound-Gewand, die Profession und Leidenschaft in sich vereint.

Punkte: 12/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.03.2017

Tracklist

  1. Yearning
  2. Afterglow
  3. Getting Stronger
  4. I Can‘t Sleep
  5. Why Would I Leave
  6. Backstage
  7. Time‘s Up
  8. All The Way
  9. Wasted
  10. Bittersweet
  11. If You Left
  12. Colorful Lies

Besetzung

  • Bass

    Dirk Hoppe

  • Gesang

    Dirk Hoppe

  • Gitarre

    Ingo Hassenstein

  • Keys

    Dirk Hoppe

  • Schlagzeug

    Stephan Emig

Sonstiges

  • Label

    recordJet/Soulfood

  • Spieldauer

    52:40

  • Erscheinungsdatum

    10.03.2017

© Musikreviews.de