Man braucht sich nicht dermaßen zu verrenken wie diese Combo selbst bei der Wahl des Wortspieltitels 'Thin-King' (elegantes Highlight des Albums), um "Unfiltered Universe" ganz ohne den vom Feuilleton auferlegten Zwang gutzufinden, spielfreudigen Jazz kategorisch loben zu müssen. Die Scheibe verschmilzt Weltmusik ohne New-Age-Kitsch mit zeitgenössischer Freiform-Musik und bewahrt sich dabei einen liedhaften Charakter, wie man ihn selbst zu Fahrstuhl-Fusion-Hochzeiten selten von einer Formation gehört hat.
Lässt man das abstrakte 'Thoughts' und das ebenso hibbelige 'Turn of Events' außen vor, ist "Unfiltered Universe" vom schlingernden Opener 'Propensity' (man achte auf den Bass) an ein ausgesprochen leicht verdauliches Werk. Der pakistanische Gitarrist Rez Abbasi erweist sich als musikalischer Weltbürger, der hier Latin-Schmiss beweist, sich dort Pat Methenys Samthandschuhe anzieht und ein andermal "westliche" Zugänglichkeit mit improvisatorischem Anspruch versöhnt.
Die traditionsgemäß hochkomplexen Rhythmus-Pattern der Musikkultur von Abbasis Heimat respektive Indien (Sitar-Sounds bringt die Gruppe ebenfalls zu Gehör) wirken in die Kompositionen des Künstlers eingebettet weniger exotisch und schwerverdaulich als vermutlich erwartet. Virtuosität und harmonische Einfachheit, wie sie die asiatische Folk-Schule auszeichnet - einige Bezüge zu Fernost sind nicht zu verhehlen, was diese oder jene Wendung betrifft - halten sich in vortrefflicher Weise die Waage
Abgesehen von ins Avantgardistische übergehenden Saxofon-Eskapaden versprüht die Band die Coolness des amerikanischen (New Yorker) Jazz, gleichwohl der Namengeber an beiden US-Küsten agiert, und spielt mit den Erwartungen ihrer Hörer. Trotz Cellistin Elizabeth ist das hier kein Kammer-Jazz, und ungeachtet der vertrauten Klangfarbe eines klassischen Trios mit einem Gitarristen stellt sich heraus, dass man "Unfiltered Universe" unabhängig von Kategorisierungen rezipieren bzw. schlicht lieben kann - so gut sind diese hörbar komponierten Stücke.
FAZIT: Neben dem Sechssaiter, der seinen Namen hierfür hergibt, ist Starpianist Vijay Iyer der Hinhörer auf "Unfiltered Universe", doch blendet man Personalien aus, bleibt in melodischer Hinsicht außerordentlich eingängige Musik stehen, die über alle Genre-Bezeichnungen erhaben es, beispielhaft demonstriert im Titeltrack und 'Disagree To Agree', dessen exotisch anmutende Tonfolgen Abbasi zur Zierde gereichen beziehungsweise diesem in jeder Hinsicht spannenden Fusion-Album das i-Tüpfelchen aufsprühen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 29.12.2017
Whirlwind
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01.12.2017