Auch wenn ihre letzten Alben mehr oder weniger fader Einheitsbrei waren, bleiben Sentenced eine schmerzlich vermisste Band, deren überlebende Mitglieder es einzeln für sich genommen nicht schaffen, jene Magie heraufzubeschwören, die sie in gemeinschaftlicher Arbeit wirken konnten. Dabei hatte man schon nach dem bis heute beispiellos musikalischen Rock-Death-Metal-Geschmisch "Amok" und der anschließenden "Love & Death"-EP nicht mehr viel auf die Finnen gegeben, weil ihre markante Leadstimme Abschied nahm. Ville Laihiala, der in die Bresche sprang bzw. das Mikrofon übernahm, trug sehr viel dazu bei, dass die Gruppe noch lange relevant blieb, und setzte sich bereits mit seinem Einstand "Down" selbst ein Denkmal.
Als Konglomerat von Entwine- und Lullacry-Mitgliedern hinter dem ehemaligen Sentenced-Sänger Ville Laihiala sind S-TOOL nun der Inbegriff des potenziellen nächsten Selbstläufers aus Finnland, doch rein musikalisch denkt man beim Hören des Debüts der Gruppe eher an die USA. Die Stimme des Frontmanns ist unverkennbar, auch wenn seine Mitmusiker modern thrashen bzw. riffen wie Metallica – ein Eindruck, den seine einstweiligen Hetfield-Gesten von „Yeah!“ bis „Hey!“ zusätzlich verstärken.
Davon abgesehen kann man viel Freude mit „Tolerance 0“ haben, wenn man allgemein zackige Härte und nicht allzu komplexe Songstrukturen schätzt. Der Großteil der Lieder scheint sogar gezielt auf ein Konsens-Publikum zugeschnitten worden zu sein, das Radio hört und dabei keine Angst vor Heaviness hat. Die kurzen Geschosse ‚Hammering‘ und ‚Back To Zero‘ sind aufs Simpelste reduzierte Dreschflegel mit gewollt zudringlichen Refrains, die von Laihialas Organ leben; die schleppenden bis im mittleren Tempobereich angesiedelten Tracks zeugen hingegen von verhältnismäßiger kompositorischer Raffinesse und Dynamik im Zusammenspiel.
Im Großen und Ganzen wirkt die Platte aber trotz kalkulierter Arrangements unverbraucht, als würden die Schöpfer keinen Anspruch auf Erfolg erheben. Dies wäre begrüßenswert, weil sicherlich kaum jemand mehr nach den Persönlichkeiten hinter dem Bandnamen kräht und sich selbige wie Newcomer bewähren müssen.
FAZIT: Als nur auf den ersten Blick unbeschriebenes Blatt haben S-TOOL (doofer Name auch) einen lässigen Grundstein gelegt, für dessen Auf- und Ausbau man sich mehr erhoffen darf als die durchaus effektive, aber langfristig nicht haltbare Asskick-Metalrock-Mischung auf "Tolerance 0". <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/9b487d17ac79427f9b836c230c085f03" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.10.2017
Playground / Cargo
46:32
27.10.2017