SCARBORO kommen aus Brooklyn und spielen Hardcore Punk. So einfach ist das, keine Ironie, kein artistisches Retro-Statement, passionierter Punk im raubeinigen Stil von MINOR THREAT, BAD RELIGION, den frühen AGNOSTIC FRONT, H2O oder den DESCENDENTS.
In nicht mal einer halben Stunde bringt die Band 14 energiegeladene Songs unter, die zwar weder eine stringente stilistische Linie an den Tag legen, noch jeder für sich qualitativ vom Hocker reißen, aber wenigstens nie Langeweile aufkommen lassen.
So gibt es abwechselnd eher aggressiv dargebotene Nummern („Scarboro“, „Bury It“, „Black Out“, „Cliché I Know“) und solche, die sich mehr an eingängigen und melodischeren Hooks ausrichten.
Dabei wissen erstere am meisten zu überzeugen, gerade, da die New Yorker bei aller Kürze und chaotischen Rasanz ein höchst lobenswertes Augenmerk auf Abwechslung, auf Tempo- und Themenwechsel legen.
„It's cliché I know, but you know it's true, nobody wants to be anything like you/You can go and fuck yourself“, schreit das erboste Trio wem auch immer in „Cliché I Know“ entgegen. Hier zeigen sich die Stärken der Band am deutlichsten: In nicht einmal einer Minute wechseln sie von einem aggressiven Riff, das an neuere BAD RELIGION denken lässt, zu einem langsamen, sägenden Mittelteil und wieder zurück zu schnellem Schreien: „Fuck yourself!“ Ehrlich, spritzig, primitiv, unprätentiös, Rotz muss raus.
Nicht so gelungen sind dagegen die Songs, die sich von dieser Simplizität zu entfernen versuchen: „Archangels“, „One Heart One Mind“ oder „Panic At The Cisco“ tauschen die rohe Energie gegen Weisheiten und Hooks ein, die ein wenig zu flach kommen.
Trotzdem sie etwas länger und komplexer sind als der Durchschnitt gilt obiges nicht für „Downward Spiral“ und „Blackout“, gerade letzteres schafft es die Qualitäten der SCARBOROs in einem mit zweieinhalb Minuten „überlangen“ Stück zu vereinen, das zugleich Höhepunkt und Abschluss des Albums bildet, denn nach dem „Blackout“ heißt es: „Here Comes The Hangover“ - ein netter ruhiger Epilog, in den sich akustische Gitarren und sogar ein Cello wie morgendlicher Sonnenschein in die verquollenen Augen schleichen.
FAZIT: SCARBORO präsentieren ein Füllhorn an mit Hingabe erbrochenen Hardcore-Songs, die keine Langeweile aufkommen lassen.
Doch auch ohne sich musikalisch von der scheppernden, aber irgendwie funktionierenden Punk-Attitüde entfernen zu müssen, offenbart dieses Debüt in einigen Nichts-Halbes-und-nichts-Ganzes-Songs Verbesserungs- oder zumindest Definitionsbedarf.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.03.2017
Jack Counce
Jack Counce, Shi Heng Shi
Shi Heng Shi
Taylor Nathe
WTF Records
26:24
03.02.2017