SCHLAASSS' neues Album ist einmal mehr ein avantgardistisches französisch spleeniges Stück Patchwork-Musik mit Sprechgesang.
Traditionell wartet das Kollektiv um Charlie Dirty Duran und Daddy Schwartz mit zahlreichen Gästen auf, im pumpenden 'Ordo Ab Chao' etwa mit LE DIX, für das stolpernde 'Requiem' mit MASTO und während 'No Drog Yourself' mit SYNDROME WPW (packendes Geschrei hier). Dabei bleiben die Lyrics selbstverständlich so konsequent französisch, wie sich die Musiker nicht von ihrem um mehrere Ecken verlaufenden Weg abbringen lassen.
Arthur Delaval ( LA MÉANDRE À CHALON SUR SAONE) gibt sich ein Stelldichein im mit schrägen Vintage-Synths durchsetzten 'Pupute', das eines der buntesten Stücke auf dem Album markiert. Eine kindliche Göre sprechsingt niht nur in 'Nonoeil', und zwar immerzu flüssig reimend trotz postmodern bruchstückhafter Kompositionsweise auf musikalischer Seite.
Sich überschlagende Stimmen und überkandidelter Rap, als seien Schizophrene am Mikro zugange, prägen die Scheibe von Anfang bis Ende, wobei man sich angesichts ihrer Länge ziemlich erschlagen fühlt, denn der Textfuss ist immens. Ami-Dünkel, die vor dem kulturellen Hintergrund der Beteiligten lächerlich aufgesetzt anmuten könnten, unterlassen die Punks unter den französischen Hip Hoppern (im weitesten Sinn) nach wie vor tunlichst, und setzen stattdessen auf Arrangements, die rhythmisch streckenweise überraschend reizvoll und generell experimentierfreudig anmuten, was Sounds und Pattern betrifft.
Der Knackpunkt bei alledem ist der Mangel an Geschlossenheit, den man selbst dann empfindet, wenn man der Sprache der Künstler mächtig ist. Die Combo aus Saint Étienne möchte anscheinend zu viel auf je ein Album packen. Was das angeht, hat sie aus ihren bisherigen Fehlern nicht gelernt, aber vermutlich ist das Teil ihres Selbstverständnisses: Lieben oder Hassen, dazwischen geht nichts.
FAZIT: Innere Zerrissenheit spiegelt auf "Casa Plaisance" die Spaltung innerhalb der französischen Stadtgesellschaft wider. SCHLAASSS stilisieren sich mit diesem Album einmal mehr zum Politikum und müssen sich bei aller Detailverliebtheit, was ihre Kompositionen angeht, bezüglich mancher Passagen den Vorwurf gefallen lassen, die Musik als solche zu vernachlässigen.
Punkte: 9/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.04.2017
Atypeek
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07.04.2017