Tradition mit Moderne vereinen zu wollen, das ist eine Floskel, die über alle Musikrichtungen bzw. Kunstformen generell hinweg bemüht wird, um sich hervorzutun, wenn einem sonst nichts einfällt, aber "Morning Light", das Debüt dieses Projekts, geht in der Tat als Mischung aus alten Tugenden (dem Jazz der amerikanischen Combos ab etwa Mitte der 1950er) mit neuen Impulsen durch.
Schlagzeuger Sébastien Necca, der diesem Projekt seinen Namen gibt, hat sich den auf diesen Seiten bereits wohlwollende rezipierten Jungsänger Loïs Le Van gekrallt, um der Diskografie des von jeher immer mindestens halb im Schatten der USA, des Baltikums und der skandinavischen Staaten stehenden französischen Jazz ein Spitzlicht angedeihen zu lassen.
Die Drei ist sozusagen der Dreh- und Angelpunkt dieses Unterfangens, denn so wie sich strukturell alles um den Drummer, seinen Sänger sowie Kontrabassist Michel Molines dreht, wurden die Kompositionen - improvisiert wird allenthalben zwischendurch an dafür vorgesehenen Stellen - teilweise als dreiteilige Suiten angelegt, die logischerweise auch die Achse des Albums ausmachen.
Um 'Nine Steps' und das Titelstück dreht sich folglich auch alles - nicht zu vergessen Saxofonist Régis Ferrante, der melodische Substanz garantiert. Necca legte beim Schreiben hörbar Wert auf motivische Tonfolgen, die dieser Mann an den "reeds" so trefflich umsetzt, wie man es sich nur wünschen kann. Die zusätzlichen Farben, die Vibrafonist Sylvain Charrier einstweilen aufträgt, sind ein zusätzliches Plus.
FAZIT: Mit einem dezidierten Fokus auf Stimme bzw. Texte, die im Fall von "Grounded" von Gaby Vegh (GNÔ-Bassist) stammen, hat Sébastien Necca ein Album geschaffen, das dem klassischen Quartett-Jazz neue Seiten abgewinnt, ohne ungenießbar avantgardistisch zu sein … und das verdankt man nicht nur dem Gesang, sondern auch und gerade dem Händchen des Schöpfers für Spannungsbögen.
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 31.12.2017
Hevhetia
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02.01.2018