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T: Epistrophobia

Stil: Epischer und gleichermaßen depressiver Progressive Rock

Cover: T: Epistrophobia

Sie lassen ihn einfach nicht los – seine musikalischen Phobien, die Thomas Thielen alias t nun bereits zum wiederholten Mal fast genüsslich auf seinen Alben auslebt und ausschlachtet, egal, ob er sich bewusst darauf bezieht – wie bei diesem und dem Vorgängeralbum – oder doch unbewusst, wie auf seinen ersten vier Solo-Scheiben. Phobien – das sind irreale Ängste vor Dingen oder Lebewesen, von denen objektiv betrachtet nicht wirklich eine große Gefahr ausgeht.
Sehr passend dazu bewegt sich daher <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Ar06CsndhUE" rel="nofollow">das aktuelle Album „Epistrophobia“ von t</a>, die Fortsetzung des wirklich gelungenen Vorgängers „Fragmentropy“, zwischen weinerlicher MARILLION-h-Verehrung, bei der man mitunter den Eindruck hat, t müsste unbedingt genau in den gleichen Tonlagen, der Intonation und dem Duktus seines offensichtlichen Vorbildes STEVE HOGARTH singen, und aggressivem Prog-Siebziger-Style der Marke VAN DER GRAAF GENERATOR oder KING CRIMSON plus immer wieder an DAVID GILMOUR erinnernde Gitarrenausflüge. Dazu wird textlich wie gewohnt rundum mit all den Abgründen der modernen Welt abgerechnet, ohne auch nur ein gutes Musik-Haar an den von ihm besungen Zuständen zu lassen.

„Epistrophobia“ hat in all seiner klangvollen Verzweiflung, samt der immer wieder auftauchenden Atemgeräusche oder den Herzschlägen, die man so richtig erst unter Kopfhörern vernimmt, etwas von einem musikalischen Burn Out, der sich zwischen Depression und Kampf gegen die davon hervorgerufenen Ängste bzw. Phobien zur Wehr zu setzen versucht. Dabei kommen in den fast 80 Minuten, neben dem an h erinnernder Gesang und der Gilmour-Gitarre, jede Menge Melancholie und einige härtere, manchmal sogar experimentelle, dem Jazz oder klassischem Prog zugewandte Klangstrukturen zum Tragen, wobei es immer die Moll-Töne sind, die am Ende für die beabsichtigte Stimmung sorgen. Nur das ist seit eh und je sowieso ein allseits bekannter t-Typus oder t-Virus – es kommt eben immer auf den Blick- bzw. Hörwinkel an. Wäre dies nicht der Fall, dann sollte das eine faustdicke Überraschung für alle sein, die t‘s Alben kennen. Im Falle von „Epistrophobia“ bleibt diese Überraschung jedenfalls aus.

t, der auch diesmal wieder alle Instrumente und den Gesang in völliger Autonomie auf seinem aktuellen Album beisteuert, tritt dabei auf der Stelle. Er hat mit „Fragmentropy“ ein wirklich gutes Album veröffentlicht, dem er sich auf „Epistrophobia“ erneut unterwirft, ohne weltbewegend neue Stimmungen oder vom Vorgänger offensichtlich abweichende Ideen beizusteuern. Und so kurios es auch klingen mag: Wenn t bereits jetzt ein drittes, die Phobie-Trilogie abschließendes Album ankündigt, werden nicht wirklich große Erwartungen nach „Epistrophobia“ geweckt, sondern man hat bereits eine sehr deutliche Vorstellung davon, wie Teil drei klingen wird und was textlich darauf geschieht – nichts Anderes und nur wenig Neues im Vergleich zu den beiden Vorgängern. Selbst die blödsinnige Idee, alle seine Texte im Booklet wieder ohne jegliche Satzzeichen aus einem Haufen unterschiedlich farbiger, aneinandergereihter Worte auf den Leser wirken zu lassen, behält er bei – und endet so mit: (in gelb auf schwarzem Grund) dream of me and i ll dream of you like a glow from afar if you feel we re emptyhanded that s because we are (in weiß auf schwarzem Grund) this is me by your side this is you by my side this is me by your side“ - und das war‘s.
Eine Schreib-Phobie, die Neugier auf den nächsten Teil wecken soll?
Ich jedenfalls weiß nur, dass es extrem aufwändig, schwierig und unnötig kompliziert ist, sich dieses riesige Text-Konglomerat zu erschließen. Am Ende ist man ähnlich deprimiert bei den Entzifferungsversuchen wie es die Inhalte auf „Epistrophobia“ vermitteln.

Ein ROGER WATERS hatte mit „Amused To Death“ textlich und musikalisch nach all den Streitereien um PINK FLOYD eine ganz ähnliche Phase, doch dann war es auch irgendwann gut.
t breitet diese Stimmungen, von denen so einige auch Mr. Waters zur Ehre gereichen würden, nun schon fast 160 Minuten lang über uns aus – und wird wohl noch einmal knapp 80 weitere Minuten diesbezüglich folgen lassen. Überrascht uns dann noch, wenn wir auf „Chapter 4 – The Dark Beyond Our Fears“ urplötzlich ein schief klingendes Saxofon auftaucht, das vielleicht versucht, etwas VAN DER GRAAF-Atmosphäre zu verbreiten, diese aber nicht einfangen, sondern eher zu einer Parodie verkommen lässt? Auch fragt man sich, ob dieses „Saxofon“ ein reales oder am Keyboard erzeugtes ist. Egal, auf welchem Weg dies auch geschah, überzeugen tut es nicht im geringsten.

Deutlich stärker verstehen dagegen die fast frei jazz-rockenden Phasen, wie auf „Chapter 5 – What If Not“, zu überzeugen und zugleich zu überraschen, denn hier sind wirklich neue Elemente erkennbar. Sogar DISCIPLINE schimmern in solchen Momenten durch. Nur dass in diesem Falle die Stimme von t einfach nicht überzeugt – er ist eben doch kein MATTHEW PARMENTER. Hier wünscht man sich nicht nur einen Sänger, der hauptsächlich in hohen h-Tönen schwelgt oder auch mal schreit und angestrengt tiefe Töne auszustoßen versucht bzw. seinen Gesang verfremdet und doppelt, sondern einen, der rotzig, rau, tief-voluminös und zugleich ungezwungener und authentischer klingt. Wäre t nicht dieser absolute Autodidakt und nach Perfektionismus Suchende, der in erster Linie sich wohl gerade deshalb nur auf sein eigenes Können zu verlassen scheint, gerne würde man ihm empfehlen, seiner Musik endlich ein paar neue Strukturen und Musiker zu verpassen, die seine stimmliche Limitierung (Das ist nicht böse gemeint, aber auch ein h ist eben sehr limitiert, so gut er auch an vielen Stellen der Musik von MARILLION klingt!) ausgleicht und neue Klangfarben bereichernd seinen kompositorischen Ideen hinzufügt.

FAZIT: t ist wieder zurück, um uns eine weitere seiner progressiven, musikalischen „Phobien“ zu präsentieren. Nach „Fragmentropy“ und den ersten drei Kapiteln folgen nun mit „Epistrophobia“ die Kapitel 4 bis 6 und kündigen damit zugleich die letzten drei Kapitel seiner Phobie-Trilogie an. Getreu dem ersten Teil passiert nicht wirklich Neues auf dem nunmehr zweiten: progressiver Rock in Moll trifft auf einige aggressive, klassische Prog-Töne und E-Gitarren, die sicher auch Herrn Gilmour beeindrucken würden, während die Texte eine Welt in Schwarz zeichnen, in der uns „A Mask Behind A Mask“ erwartet. Epischer Depri-Prog!

PS: Übrigens sollte man, wenn man ein paar Euros sparen möchte, dieses Album unbedingt direkt bei <a href="http://www.ppr-shop.de/epages/62161184.sf/de_DE/?ObjectPath=/Shops/62161184/Products/PPR-044" rel="nofollow">Progressive Promotion Records</a> ordern!

Punkte: 10/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 03.01.2017

Tracklist

  1. Chapter 4 – A Poet‘s Downfall
  2. * In Abeyance
  3. * The Dark Beyond Our Fears
  4. Chapter 5 – Contingencies
  5. * What If
  6. * What If Not
  7. * Forgiven
  8. Chapter 6 – The Place Beyond The Skies
  9. *A Mask Behind A Mask
  10. *Epistrophe

Besetzung

  • Bass

    Thomas Thielen

  • Gesang

    Thomas Thielen

  • Gitarre

    Thomas Thielen

  • Keys

    Thomas Thielen

  • Schlagzeug

    Thomas Thielen

Sonstiges

  • Label

    Progressive Promotion Records

  • Spieldauer

    78:09

  • Erscheinungsdatum

    09.12.2016

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