Drei Alben in drei Jahren, und kein merklicher Qualitätsabfall, geschweige denn Ermüdungserscheinungen … TANKARD versuchten trotz ihres ungebremsten Vorwärtsdrangs ein paar Experimente, die nicht ganz glückten, aber in Anbetracht der einen positiven Eindruck hinterlassenen Mehrheit der Stücke auf "The Morning After" vernachlässigbar sind.
Dabei ist das SPERMBIRDS-Cover 'Try Again' noch recht spritzig (kein Wortspiel beabsichtigt), doch der kurze Pseudo-Grind-Jux 'Mon Cheri' hätte echt nicht sein müssen. Abseits dieses Ausschusses - in Relation zur bis dato erwartbaren Qualität der Gruppe - ist aber alles im Lot: Mit 'Shit-Faced' bewähren sich insbesonders TANKARDs Gitarristen als technisch versierte und ehrgeizige Songwriter, die aber eben nicht vergessen, vor allen Dingen letzteres zu sein. Der Song wirkt trotz seiner überraschenden Vertracktheit wie aus einem Guss, was auch für das mitsingbare 'F.U.N.' gilt.
Und hat eigentlich jemals jemand Trommler Oliver Werner gelobt. Der Mann begeht auf "The Morning After" vermutlich den perfekten Spagat zwischen Impulsivität und schlagzeugerischer Raffinesse (höre etwa 'Feed The Lohocla'), weshalb TANKARD, auch wenn im Studio nie den Eindruck hinterlassen haben, den eigenen Ideen mit ihren Fähigkeiten nicht gewachsen zu sein, hier erstmals einen Hauch von Abgeklärtheit versprühen.
Diese im Verbund mit ihrer jugendlichen Unbekümmertheit (alles geht - auch textlich nach wie vor) macht "The Morning After" unter Ausnahme der beiden genannten Rohrkrepierer und des etwas einfallslosen Refrain von 'Commandments' zu einem Klassiker aus der zweiten Reihe. Das Titelstück und 'Help Yourself' fungieren als Vorzeige-Geschosse, falls es Unbedarfte nicht glauben möchten. Selbige freuen sich bei dieser Neuauflage übrigens auch auf die "Alien"-EP aus demselben Jahr, die neben dem Titelsong, einer Demo-Altlast aus Klampfer Bulgaropulos' Feder, zwei weitere exklusive Tracks enthält, 'Live to Dive' als Hommage an Bühnenspringer Pimmel und das sich selbst erklärende '666 Packs'. '(Empty) Tankard' wurde hingegen seinerzeit neu eingespielt und kommt schneller daher, wobei man sich darüber streiten darf, ob diese oder die Urversion stärker ist.
FAZIT: Die löblichen, obligatorischen Kommentare und O-Töne der Band im Booklet dieser Wiederveröffentlichung machen TANKARDs Beweggründe für diese oder jene Entscheidung in Bezug auf ihr vermeintliches "make it or break it"-Album ein Stück weit nachvollziehbar, doch davon unabhängig ist "The Morning After" wenn kein Thrash-Klassiker, so doch ein beispielhaftes Werk für die Entwicklung einer Spontangeschichte zur Professionalität. Mit wenigen Tücken und viel, viel Liebenswertem. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/9120ad1ec727435493b02bedc9f47bae" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 14.12.2017
BMG / Noise
58:32
01.12.2017