Innerhalb von acht Jahren haben Pelagic ein beeindruckendes Programm zusammengestellt, das stilistisch klar umrissen ist und auch visuell einheitlich in Szene gesetzt wurde bzw. Wird. THE OCEAN, deren Kopf Robin Staps das Label gründete, fungieren nicht nur als ästhetische Vorlage für nahezu alle vertrenenen Künstler, sondern waren und sind auch nicht selten die Keimzelle für neue Projekte, derer sich der Vordenker und sein Team dann ebenfalls annehmen.
Mit „In The Twilight, These Rocks Have Teeth“ feiern Pelagic ihre 85. Veröffentlichung und nehmen Bestand auf. Die Kapazität beider CDs wurde maximal ausgereizt, wobei der Fokus jeweils auf ruhigeren und wenn nicht derberen, so doch finstereren Stücken lag. Repräsentative Tracks herauszupicken dürfte leichtes Spiel gewesen sein, denn Schlechtes ist noch nie bei den Berlinern erschienen, stattdessen abgesehen von qualitativ hochwertiger Musik limitierte Sonderauflagen von Tonträgern, deren Konzeption materielle Superlative auslotete (Boxsets aus Acryl, mehrere Kilogramm schwere LP-Zusammenstellungen …) oder eine Label-eigene Split-Release-Reihe, die sich weiter fortsetzen wird.
Besonders aufsehenerregend natürlich: das eigene Steckenpferd des Geschäftsführers gibt nach zwei Jahren ein neues Lebenszeichen von sich. Das Instrumental 'Turritopsis Dohrnii' deutet letztlich leider überhaupt nicht an, wohin die Gruppe mit ihrem nächsten Album gehen wird, aber das macht die Chose wiederum desto spannender. Mit dem Unerwarteten darf man übrigens auch und ständig von den nirgendwo sauber einzuordnenden TINY FINGERS rechnen. Die Doppel-CD wartet mit weiterem teils noch unveröffentlichtes Material auf, beispielsweise von den extrem viel versprechenden Neuseeländer Newcomern SPOOK THE HORSES, und macht das rare 'Nord' von CULT OF LUNA auch Nicht-Komplettisten in Sachen Schweden-Post-Metal zugänglich.
Während viele Künstler dem vorhersehbaren Modus, langsam Klangwände hochzuziehen, wie PG.LOST oder die garstigen LLNN neue Seiten abgewinnen, tun sich insbesondere solche aus Asien durch intime bis abstrakte Klänge hervor, genauer gesgat die in ihrer Naivität immer ergreifenden MONO bzw. Taka Gotos Avantgarde und der verschrobene Wang Wen. KHOMA hingegen, die zu den Repräsentanten des "französischen" Sounds schlechthin zählen - neben den ebenfalls KLONE selbstverständlich -, vertreten den eher rhythmisch geprägten Zeitgeist, während IMPLORE oder COILGUNS als Ausreißer einfach nur mit Stil CONVERGE-Stress machen.
Ob diese oder jene Geschmacksnote: Das Material erscheint ebenso sorgsam ausgesucht, wie man die Doppel-Digifile-Hülle liebevoll gelayoutet hat. Weniger war auch nicht zu erwarten oder?
FAZIT: Moderner Progressive Metal, Post Rock und mehr - dafür stehen Pelagic wie kaum ein anderes Label, weder in Deutschland noch darüber hinaus. Nicht umsonst ist das Unternehmen mittlerweile äußerst einflussreich, was man an der Optik, dem Sound und Auftreten zahlreicher gar nicht über Staps und Co. veröffentlichender Acts erkennt. Was wir von dieser stilprägende Marke im Weiteren erwarten dürfen, bleibt im besten Sinn ungewiss.
Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.09.2017
Pelagic / Cargo
79:37 + 78:48
29.09.2017