Zurück

Reviews

Welle: Erdball: Gaudeamus Igitur

Stil: Electro Beats treffen auf Neue Deutsche Welle und Techno

Cover: Welle: Erdball: Gaudeamus Igitur

Wir schreiben das Jahr 1982!
Oder sind die letzten beiden Zahlen doch verdreht?!

1928 ... sitzend vor dem Transistor-Radio und ein „Hallo! Hier Welle Erdball!" hörend?!
Aber nein – es muss doch 1982 sein, denn um uns tobt die Neue Deutsche Welle!
Die WELLE: ERDBALL!

Und außerdem sind da noch lauter verrückte Elektro-Beats, Plastik-Synthies und ein HUBERT KAH erklärt uns „Ich seh‘ den Sternenhimmel“, nachdem er <a href="https://www.youtube.com/watch?v=-Cw9HOctybU" rel="nofollow">„Die letzte Chance zu leben“</a> und die Namen all der aufgezählten Toten auf „Stirb mir nicht weg (C=64)“ gehört hat.

DIE WELLE: ERDBALL ist verrückt und hat den NDW-Punk von TRIO genauso im Blut wie den NDW-Schlager von FRL. MENKE oder den bisexuellen ROSENSTOLZ und noch dazu technotische Computer-Rhythmen und C64-Floppy-Disk-Klänge. Manchmal schaut sogar eine atemlose Helene von den Fischer-Chören vorbei und berichtet lauthals, mit musikalischer Unterstützung von VANGELIS singend, dass sie der erste der <a href="https://www.youtube.com/watch?v=8wDzWRPRp6U" rel="nofollow">„1000 Engel“</a> sei. Das lässt uns aber völlig kalt, während wir weiter <a href="https://www.youtube.com/watch?v=YfdLh0MHqKw" rel="nofollow">mit HOT BUTTER unser „Popcorn“</a> aus dem Jahr 1972 futtern, bis der <a href="https://www.youtube.com/watch?v=jwI1j7sslYI" rel="nofollow">CRAZY FROG</a> vorbeikommt und uns erklärt, dass das auch völlig anders klingen kann, während <a href="https://www.youtube.com/watch?v=m_-iUn9RnEs" rel="nofollow">„Axel F.“</a> leidenschaftlich dazu applaudiert.

Das gefällt WELLE: ERDBALL alles sehr gut und sie richten sich genau dazwischen ein, schreiben ein paar lustig-freche Texte, die durchaus irgendwie auch Tiefe und gleichermaßen einen Hang zum Zynismus haben, singen mit Studenten-Chören deren Kult-Lied „Gaudeamus Igitur“, nach dem sie gleich ihr ganzes Mini-Album benennen, ballern gleich am Anfang des Albums mit ihrer Vespa V 50 N Special (Auf dem Booklet zu bewundern!), die in den Jahren 1975 bis 1983 gebaut wurde, herum und machen genau die Musik, die uns heute zum eigenen Unbeschwert- und gleichermaßen Verrücktsein fehlt, und zu all diesen musikalischen, optischen und motorisierten Gefühlen bestens passt.
Ganz nebenbei lernen wir gleich noch, dass „Polyarmorie“ - also zur gleichen Zeit mehrere Menschen innig, offen und sexuell, ohne ein Geheimnis daraus zu machen, zu lieben - „verdrängt die Harmonie / übersteigt die Fantasie“ und wie bescheuert das für einen der daran beteiligten Partner sein kann: „In meiner Welt dreht sich die Achs‘ um mich, der Teufelskreis um dich.“ Aber man lernt auch, wie man diesen Begriff nicht schreiben sollte, denn da hat sich mitten in das Zentrum des Songtitels polyamonisch ein klitzekleines „r“ zu viel eingeschlichen.
War das nun ein Kunstgriff oder nur ein Schreibfehler?
Bei WELLE: ERDBALL kann man das nie wissen, darum wurde der Schreibfehler, der vielleicht gar keiner ist, auch in diese Kritik übernommen...

FAZIT: ...Aber eins weiß man bei WELLE: ERDBALL genau: Egal, ob sie nun ein Album nach tanzenden Robotern oder dem bekannten Studenten-Lied „Gaudeamus Igitur“ (Lasst uns also fröhlich sein) benennen, sie verbreiten mit ihrer Musik jede Menge Spaß und Erinnerungen an die guten alten Zeiten zwischen Neuer Deutscher Welle & Techno, VANGELIS-Hymnen, 70er-Jahre-Popcorn-Electronics und fetzigen männlichen und weiblichen Gesangsharmonien. Noch dazu gibt’s ein sehr üppiges Booklet, eine ansprechende Retro-Verpackung und so einige Gimmicks.

Punkte: 11/15

Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.05.2017

Tracklist

  1. Vespa 50N Special
  2. Gaudeamus Igitur
  3. 20.000 Meilen unter dem Meer
  4. Die letzte Chance zu leben
  5. L‘inconnue de la Seine
  6. Nur mit mir allein
  7. Polyarmorie
  8. Stirb mir nicht weg (C=64)
  9. 1000 Engel (Tax-5 Remix)
  10. 20.000 Meilen unter dem Meer (Tax-5 Remix)

Besetzung

  • Gesang

    Hannes „Honey“ Malecki, Lady Lila, Frl. Venus

  • Keys

    Alf „A.L.F.“ Behnsen

  • Schlagzeug

    Hannes „Honey“ Malecki, Lady Lila, Frl. Venus

Sonstiges

  • Label

    Oblivion/SPV

  • Spieldauer

    40:59

  • Erscheinungsdatum

    27.04.2017

© Musikreviews.de