Er ist wieder zurück – mit einem neuen, bereits siebten Album kurz vor Weihnachten, das ideale Fest natürlich für einen tiefgläubigen – und zugleich marktwirtschaftlich clever agierenden – Sänger, der uns immer wieder sein Lied vom lieben Gott und dem, was sonst so in dessen irdischem Jammertal noch so geschieht, singt. Und dass der Mann singen kann, steht außer Frage, dass er auch gut texten kann, steht dagegen eher in Frage. Pathos, Gottgläubigkeit, kluge Ratschläge, die mitunter zur Klugscheißerei verkommen, aber auch tief Emotionales, offensichtlich Zeitkritisches und Nachdenkliches findet man im Posi- wie Negativem in seinen Texten.
Um wen‘s geht, ist im Grunde nach dieser Einleitung doch klar, oder?
Natürlich um XAVIER NAIDOO und <a href="https://www.youtube.com/watch?time_continue=2&v=i2ZeONN-zFQ" rel="nofollow">sein aktuelles Album „Für dich.“</a>, bei dem sicher viele erfreut zugreifen (und das ewig Gleiche, diesmal wieder recht rhythmisch-poppig-ruhig-hymnisch-pathetisch-HipHop-Soulige, erhalten) und ebenso recht viele zynisch spitzbübisch darauf hoffen, dass der Herr Naidoo vielleicht die Zeilen in „Für dich.“ wahr macht, die uns aus dem Digipak entgegenspringen, wenn wir es öffnen: „Für dich würd‘ ich mich vor den fahrenden Zug werfen.“
Unter Naidoos Homepage lesen wir, dass „Für dich.“ eine Hommage an das Leben, die Hoffnung und die Liebe ist.
Aber hallo, waren das denn nicht im Grunde alle seiner sieben Studio-Alben?
Und warum tauchen dann gerade auf „Für dich.“ so oft der Tod, Kriege, Elend, Qual und Sorgen auf?
Es sind genau diese Allgemeinsätze, die für mehr Nachdenklichkeit sorgen, als viele Textzeilen, die wir auf dem Album hören: „Träne für Träne, Schweiß und Blut / Was lange schmerzt wird endlich gut“ („Tropfen für Tropfen“).
Das Album wird mit einem der schönsten Songs, der auch als Single ausgekoppelt wurde, eröffnet: <a href="https://www.youtube.com/watch?v=MxJngkRWQoE" rel="nofollow">„Nimm mich mit“</a>, eine ganz klare pop-hymnische Botschaft an Gott und die Welt, aber nicht etwa, wie es auf den ersten Blick fast scheint, an eine Geliebte.
Überhaupt sind es die Hymnen, die XAVIER NAIDOO als seine spezielle Stärke, auch auf „Für dich.“ bevorzugt.
Streicher und Bläser tauchen dabei genauso auf wie Hammond-Orgeln, Wurlitzer und Synthesizer. Diese breite Instrumentierung in Verbindung mit der charismatischen Stimme sind eine gelungene Kombination und erinnern eher an die frühen Alben bzw. Balladen von Naidoo als an die letzten, ziemlich schwachen zweiten Aufgüsse samt predigender oder auch übertrieben provozierender Attitüde.
Auch beweist „Für dich.“, dass ein XAVIER NAIDOO, hätte man nicht solchen Wind um seine ESC-Nominierung gemacht, garantiert bei diesem europäischen Musik-Wettbewerb besser als der deutsche Püppchen-Dünnschiss des letzten Jahres abgeschnitten hätte. Allein die Single-Auskopplung „Nimm mich mit“ oder der dem Album seinen Titel verleihende Song „Für dich.“ sind, trotz des im zweiten Falle wenig überzeugenden Textes, um Längen besser als der deutsche ESC-Musik-Quark der letzten Jahre.
FAZIT: XAVIER NAIDOO ist mit einem neuen, siebten Studio-Album zurück und wer ihn bereits nach dem vielen TraRa um ihn vermisst hat, der bekommt größtenteils ruhigere, sehr melodiöse Songs mit breiter Instrumentierung, aber nicht rundum überzeugenden Texten geboten. Doch gerade für Naidoos Stimme ist solche Musik die ideale Wahl. „Für dich.“ ist die hymnisch-musikalische Antwort auf die vielen Arschtritte, die man XAVIER NAIDOO immer wieder zu verpassen versuchte und in die er mit ein paar unüberlegten Äußerungen selber hineinstolperte: „Drück diesem Leben deinen Stempel auf“ ist so nicht nur ein Song auf diesem Album geworden, sondern auch eine spezielle Naidoo-Botschaft, welche er sich vielleicht auch selbst zu Herzen nehmen sollte: „Duck dich im Leben nur dann, wenn sie scharf schießen / Ich mein echte Patronen und nicht ihr lautes Niesen.“
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 22.11.2017
Jules Kalmacher, Dominik Kramer
Xavier Naidoo, Katjs Friedenberg
Jules Kalmbacher, Dominik Kramer
Jules Kalmbacher, Dominik Kramer, Michael Herberger, Xavier Naidoo, Martin Meixner
Tommy Baldu, Thomas Klein
Simon Schmidt (Hörner), Philipp Ilgner (Streichinstrumente)
Naidoo Records GmbH
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24.11.2017