Es ist eine richtig gute Nachricht. Der BENT KNEE-Virus breitet sich immer mehr aus und steckt im progressiven Musikumfeld so einige richtig gute Bands an, die zwischen Prog, Klassik, Soul, Worldmusic, etwas Psychedelic und deutlich mehr Jazz nach dem musikalischen Königsweg suchen.
INFINIEN aus dem trump-verräterischen Amerika sind diesbezüglich nicht nur iNFi(NiEN)ziert worden, sondern bieten mit ihrer grandiosen Sängerin & Pianistin CHRISSIE LOFTUS, die an den schwarzen und weißen Tasten sowie mit ihren Stimmbändern große Ähnlichkeiten zu COURTNEY SWAIN aufweist (und das am besten beim kürzesten Song des Albums <a href="https://www.youtube.com/watch?v=lzs2lit1zGk" rel="nofollow">„Oasis“</a> beweist), und einem eigenen Kammerorchester eine gänzlich gleichwertige Alternative zu den im Grunde kaum erreichbaren BENT KNEE.
Dabei entscheiden sich INFINIEN aber weniger für die progressiv-komplexen Rock-Musik-Strukturen, sondern viel mehr für die klassisch-jazzigen, deutlich akustischeren Klangwelten. Jedenfalls ist es eine wahre Freude, diesem abwechslungsreichen und zugleich wunderschönen Album zu lauschen – und zwar für den Prog- genauso wie für den Klassik- oder Jazz-Rock-Freund!
INFINIEN setzen in ihrer Musik stark auf Improvisationen und lassen den Instrumentalisten viele Freiräume, damit sie sich einbringen können, sodass man sich mal an RENAISSANCE, dann wieder an CURVED AIR und ganz oft an BENT KNEE erinnert. Wer‘s nicht zu glauben vermag, der genieße einfach nur mal das wild-komplexe Wechselspiel auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=a2QW7sZ7xAg" rel="nofollow">„Off The Tracks“</a>. Beeindruckende Wendungen von klassischen Strukturen, die nahtlos in rockige oder jazzige Ausflüge übergehen, welche in zarte Melodiebögen sowie SANTANA-Soul in „If You Were A Song“ abgleiten, doch dann plötzlich progressiv-verblüffende Freiflüge ereilen, sind dabei pure Selbstverständlichkeit.
Wer INFINIEN hört, mag viel wissen, aber eins weiß er nicht, was ihn in den nächsten Minuten an strukturellen Rhythmus- und musikalischen Stil-Änderungen erwartet.
Immer wieder taucht dabei auch ihr ureigenes Kammerorchester, das immerhin aus 12 Musikern besteht, auf, womit eine weitere Parallele unüberhörbar ist: nämlich die zum absolut faszinierenden PENGUIN CAFE ORCHESTRA, das sicher über das Titel-Stück „Light At The Endless Tunnel“, welches mit knapp zehn Minuten zugleich das längste der CD ist, schlicht genauso begeistert sein würde wie der Kritiker dieses grandiosen Albums.
Es ist jede Menge Licht am (im) Ende des endlosen Tunnels!
Ein Widerspruch?!?!
Aber nicht doch – <a href="https://www.youtube.com/watch?v=-YfHQs9IiRo" rel="nofollow">INFINIEN sausen mit ihrer Musik-Wundertüte mitten hinein in den Tunnel</a>, nehmen Fahrt auf, verweilen dann wieder ein bisschen, wechseln ständig die Schienen, indem sie selber zu vielen kleinen Musik-Weichen werden. Dieser Tunnel kann gerne endlos sein. INFINIEN jedenfalls leuchten ihn voll aus.
FAZIT: Ein großartiges Album für alle Musik-Freigeister, egal, welcher Sparte sie auch angehören mögen. Offene Ohren für die progressiv-klassisch-jazzig-soulige Musik von INFINIEN reichen – der Mund steht nach dem Hören von „Light At The Endless Tunnel“ dann sowieso automatisch offen!
Erschienen auf www.musikreviews.de am 19.05.2017
Jordan Berger
Chrissie Loftus
Matt Hollenberg
Chrissie Loftus
Tom Cullen
Infinien Chamber Orchestra (Geigen, Celli, Harfen, Kontrabass, Oboe, Hörner, Flöten, Klarinetten)
Eigenvertrieb
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02.12.2016