Dieses Konzeptalbum erzählt die Geschichte eines Reisenden, der den letzten Wunsch seines Vaters erfüllen und sich zu dessen Geburtsort begeben möchte. Dabei erlebt er die unschuldige Natur einerseits als Kraft spendende Instanz und Oase zum Sich-Zurückziehen, muss aber abwägen respektive überlegen, ob er den Versuchungen der sündhaften Stadt andererseits nachgeben möchte. Aus dieser Dualität speist sich der Sound von A SILENT SOUND, ohne Spannung zum Programm zu machen.
Für einen Debütanten legt Tom Luchies, selbst Weltenbummler auf Abwagen in der Mongolei, China, Vietnam, Thailand und Ozeanien, als "Alleinunterhalter" eine außerordentliche Reife an den Tag. "Sound Compass" (übrigens ein wunderbar mehrdeutiger Titel) wurde aufwändig produziert, wirkt aber nie grell opulent, sondern vielmehr hinsichtlich seines Klangbildes in löblicher Weise aufgeräumt. Die Songs versprühen dem Inhalt entsprechend World-Music-Flair ohne Ethno-Kitsch, worin sich die kulturellen Schmelztigel widerspiegeln, mit denen sich der Künstler beschäftigt.
Die allgemeingültige und dadurch für jedermann nachvollziehbare "Handlung", die Luchies in seinen Kompositionen in Klang und Text erzählt, macht die im Grunde durchaus anspruchsvolle Musik umso nahbarer. "eCompass" ist kein Prog-Album für Szene-Eliten, sondern von jedermann goutierbar, der hübsche Klänge schätzt. Das macht zugleich auch den Pferdefuß des Projekts aus, denn das Ensemble, von dem das Material eingespielt wurde, kommt nicht so recht aus den Puschen; man muss ein Freund ruhigerer (Rock-)Musik sein, um die Platte schätzen zu können.
Dann gefallen vorneweg das pastorale 'Dark Night's Rising' und das jubilierende 'Love Song'. Die beiden zusammenhängenden 'City'-Tracks lassen sich noch am ehesten im Sinne eines klassischen Longtracks verstehen, wobei der federnde zweite Teil in puncto Stimmung wie Stil hervorsticht. Präsent eingesetzte Bläser, die also nicht nur schmuckes Beiwerk darstellen, und Percussion-schwangere Augenblicke (Schlaginstrumente oder einfaches Klatschen in die Hände wie in 'Lake Okaru') zeugen von der Detailverliebtheit, mit welcher Luchies beim Arrangieren vorgegangen ist.
Fragile Akustikparts gleich im eröffnenden 'Setting Foot on the Hills' oder in der Ballade 'The Road', die im Grunde nur daraus besteht - glockig heller Gesang inklusive - grenzen sich von eher ausladenden Strukturen ab, die gleichwohl nicht nicht bewusst aufs Epische schielen. Vielmehr könnte man von einer Vertonung des Gefühls sprechen, das beim Hinaufschauen an Wolkenkratzern entsteht.
FAZIT: "Sound Compass" ist ein ungewöhnliches Progressive-Rock-Album der leiseren Sorte. A SILENT COMPASS haben sich somit einen passenden Namen zugelegt und sollten auf der Anspiel-Liste all jener Genre-Fans stehen, die nichts gegen Ethno und vordergründige textliche Konzepte legen. Davon abgesehen ist die Scheibe ein weiteres Zeugnis dafür, wie farbenfroh es in der niederländischen Szene zugeht. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/420d1860fcf74a948f8f8826fe6940b4" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 04.02.2018
Freya
64:37
02.02.2018