Sie ist wieder zurück, die Göttin der Liebe, Schönheit und Begierde, aus der mit einem „About“ vorm göttlichen Namen zugleich eine echte musikalische Schönheit wird. Auch bringen uns ABOUT APHRODITE auf ihrem aktuellen Album gleich noch eine weitere Göttin mit: „Artemis“, die griechische Göttin der Jagd, des Mondes, des Waldes, der Frauen und der Kinder. Wirft man dann noch einen Blick auf die gebürtige Iranerin, Multiinstrumentalistin sowie eine der ganz wenigen professionellen Theremin-Spielerinnen GILDA RAZANI, die neben dem Pianisten HANS WANNING das Duo ABOUT APHRODITE komplettiert, dann könnte man zugleich – nicht nur von ihrem Äußeren her – noch den Eindruck gewinnen, es hier mit einer dritten Göttin zu tun zu haben: der Göttin des Theremin, des Sopran Saxofons und der elektronischen Klangwelten.
<a href="https://www.youtube.com/watch?v=oM3MsuZnFy0" rel="nofollow"> „Membran Music * Polaris“</a> ist die progressive Verbindung von Klassik, Improvisation, Jazz und elektronischer Musik, bei der immer wieder unterschiedliche Instrumente den Mittelpunkt dieser Klangwelten bilden – sehr oft das Sopran-Saxofon, natürlich das Theremin und ganz häufig auch das Piano. Die Atmosphäre, welche dabei entsteht, ist eigentlich unbeschreiblich, obwohl der Albumtitel „Polaris“ dazu herrliche Inspiration bietet: der hellste Stern im Sternbild Kleiner Bär, der so hell leuchtet, dass er greifbar nah erscheint, aber trotzdem unendlich entfernt ist. Ganz ähnlich entfaltet sich auch die Musik auf „Membran Music * Polaris“.
Und wer das ebenfalls hypnotisch anmutende Saxofonspiel eines JAN GARBAREK liebt, der findet in Gilda Razani seine weibliche Entsprechung. Das Theremin dagegen erscheint auf den fünf Instrumentalstücken mitunter <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Le7bGJs8b8s" rel="nofollow">wie eine Gesangstimme</a>, die sich mal zu einer Opern-Arie, wie auf dem das Album eröffnenden „Nash“, erhebt oder traurig weinend in „Syria“ zum klassischen Piano „singt“.
Wen der Titel „Syria“ - natürlich ein unmittelbarer Bezug auf den politischen Scheiß, der sich in seiner kriegerischen Bedrückung in Syrien abspielt – etwas verunsichert, der spürt dieses traurig-bedrückende Gefühl, welches der Titel vermittelt, nicht ohne Grund. Denn „Syria“ das Ergebnis einer Diskussion der Musiker darüber, ob Musik – in diesem Falle gar instrumentale – auch politisch sein kann. Daraus entstand der Wunsch, auch in dieser Form Haltung zu zeigen, Mitgefühl zu vermitteln, sich einzumischen. Und wer all die Trauer hinter „Syria“, auch ohne ein einziges Wort zu vernehmen, nicht hört, der sollte bei seinem nächsten Arztbesuch darüber nachdenken, ob er mal untersuchen lässt, wie weit sein Herz bereits versteinert ist.
Fast alle Stücke des Albums unterliegen einer ruhigen, beinahe melancholischen Grundstimmung, die urplötzlich und gewitterartig vom Sopran Saxofon durchbrochen und vorangetrieben wird, um sich dann wie in einer fernen Galaxie wieder wie langsam verglühender Sternenstaub zu verflüchtigen.
Hinter dem letzten Titel „Tadjwar“ verbirgt sich ein trauriges Geheimnis, das, wenn man es offenlegt, den Hörer garantiert auch die extrem emotionale Tiefe dieses Stücks verstehen lässt. Tadjwar ist der Name von Gildas iranischer Mutter, die vor einem Jahr verstarb. Das Stück ist ihr gewidmet und lässt sie so auf ganz besondere Weise unsterblich werden.
FAZIT: Ein Album, genauso schön wie der Sternenhimmel, den es wiederholt auf „Membran Music * Polaris“ zum Thema hat. Der instrumentale Kosmos, der sich dabei mit Theremin, Klavier, Sopran-Saxofon und vielen Electronics von Klassischem bis zu Jazzig-Progressivem erschließt, aber zugleich immer seine dunkle Färbung behält, ist einzigartig. Genauso wie ABOUT APHRODITE!
Punkte: 13/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 25.05.2018
Hans Wanning, Gilda Razani
Gilda Razani (Theremin, Sopran Saxofon)
Floating World Records
63:22
06.04.2018