Cover und Titel deuten es bereits an: Die beiden scheinbar unter Veröffentlichungszwang stehenden Künstler(-innen) - Joe Bonamasssa auf jeden Fall - spielen auf diesem Album Fremdmaterial nach, bloß dass es anderes als meistens nicht um den Blues geht, wobei … so weit weg liegt der ebenfalls "schwarze" Soul ja nicht, und dass das Duo diesen Modus verdammt gut auf dem Kasten hat, wurde ja schon einmal bewiesen.
Bei "Black Coffee" handelt es sich schließlich und im Grunde um den Nachfolger von "Seesaw", das 2013 für einen Grammy nominiert wurde, und die dritte Zusammenarbeit des Traumdoppels. Produzent Kevin Shirley (wer sonst?) hat Hart und Bonamassa einmal mehr einen fürstlichen Sound zurechtgezimmert, wobei … Klar, die beiden sind zweifelsohne die Stars der Scheibe, doch das Ensemble war fürs Gelingen dieses Projekts unerlässlich.
Es hat sich tatsächlich fünf Tage lang eingeschlossen, um weiteren Soulklassikern den Bluesrock-Stempel aufzuprägen und ihnen teils auch einen etwas anderen Dreh zu verleihen. U.a. finden sich bekannte Gesichter im Kader: Drum-Dynamo Anton Fig und Rhythmusgitarrist Rob McNelley neben doppelter Saxofon-Power, Blechbläser-Fanfaren und mehreren Hintergrundstimmen. Auf eine authentische Band-Atmosphäre wurde also großen Wert gelegt, und Shirley hat die zwanglose Stimmung vor Ort im Studio, wo ausgiebig gejammt worden sein soll, zu auf den Punkt kommenden Edelsteinen eingedampfte. Das Ausgangsmaterial ist schließlich sowieso über alle Zweifel erhaben.
Die Songs, zu denen nicht nur Standards gehören, sind nichtsdestoweniger auf Harts herzzerreißenden Gesang ohne Overacting zugeschnitten, was allein schon aufgrund der originalen Strukturen so sein muss. Schon das eröffnende 'Give It Everything You Got' von Edgar Winters WHITE TRASH (1971) lässt allerdings durchblicken, dass "Black Coffee" auch ein instrumentaler Leckerbissen wird. Noch einmal: Auch das versteht sich in Anbetracht des Musiker-Aufgebots von selbst.
Das Vermächtnis von Ella Fitzgerald ('Lullaby of the Leaves' von "Hello Dolly" von 1964) entfaltet sich in ungeahnt epischer Breite und sticht die Interpretation von 'Strange Fruit' auf "Seesaw" locker aus. Jawohl, Gospel- und R&B-Elemente gehören selbstverständlich dazu - höre das salbumgsvolle 'Saved' - im Original von LaVern Baker und bereits von Elvis oder THE BAND gecovert - sowie das prachtvolle'Soul On Fire' von Bakers Solo-Debüt.
Die Keyboard-Gitarren-Duelle während 'Sitting On Top of The World', das über die Jahre hin durch allerlei Hände gereicht wurde (RAY CHARLES, CREAM, THE GRATEFUL DEAD), sind neben Lucinda Williams’ grollendem 'Joy' weitere Highlights, und eine satte Überraschung rundet diese in ihrer Dynamik bestechende Scheibe ab: 'Addicted', ein 2007er "Ausrutscher" aus der Feder des österreichischen Electro-Trios WALDECK, dessen ursprüngliche Verortung im Trip Hop man nicht heraushören kann. Das Projekt hat also (wieder) das Ideale erreicht …
FAZIT: … nämlich beinahe klassisches Material aus einem ihm nicht eigenen Genre annektiert, als stamme es aus seiner eigenen Feder. BONAMASSA und HART brillieren in ihren jeweiligen Bereichen, sind aber vor allem feinfühlige Leiter eines Kaders von Instrumentalisten, die mit "Black Coffee" ein Album aus einem Guss geschaffen haben. Die Scheibe klingt so, als habe ein einzelner Künstler sie genau so über einen kurzen Zeitraum hinweg geschrieben. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/99291fe8b876478caf1e0aca8aff422d" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 28.01.2018
Mascot / Provogue
51:45
26.01.2018