Nein, man muss es noch einmal betonen: BETONTOD gehören nicht zu jener zwielichten "Man singt neuerdings wieder Deutsch"-Bewegung, die sich durch fragwürdige Heimatliebe - ob "harmloses" Einigeln in nationalromantischen Schwulst oder politischer Aktivismus, beides ist verwerflich, Punkt - hervortut, sondern waren und sind schlicht und ergreifend eine in ihrer Muttersprache singende Gitarrenband zwischen Pop und mittlerweile verstärkt im Metal angesiedelten Klangnuancen.
Der letztliche Erfolg, den die Gruppe nun erlebt, hat sich aus langjähriger Erfahrung, harter Arbeit und nicht zuletzt stetig besser gewordener Musik ergeben, die zwar für die Masse gemacht erscheint, aber sicherlich nicht mit dieser Hauptmotivation ersonnen wurde. "1000 X Live" ist nun eine angemessene Rückschau auf BETONTODs Schaffen mit allen Schikanen, die klanglich wie optisch eine Menge hermacht.
Geboten wird naheliegenderweise Material des sieben Alben umfassenden Katalogs der Gruppe, wobei der Titel wohl Bezug auf die mittlerweile im vierstelligen Bereich angesiedelte Zahl ihrer Konzerte nimmt. Es ist nicht das erste Live-Album von BETONTOD, aber eine umfassende Werkschau mit aufgrund der enthaltenen Blu-ray sehr hohem Mehrwert. Die natürliche Selbstinszenierung der Musiker macht die Band von vornherein sympathisch, selbst wenn man sie, was kaum vorstellbar ist, noch nicht in in diesem oder jenem Zusammenhang kennengelernt hat.
In puncto Dynamik lässt die gewählte Setlist keine Wünsche offen. Schon früh wird Tempo gemacht ('Keine Popsongs' und 'Feuer frei!'), dann setzt das metallisch düstere 'Nacht im Ghetto' Akzente, und ohne aufgesetztes Kumpeltum, aber doch mit dezentem BÖHSE-ONKELZ-Pathos kommt nicht nur 'Alles' daher, bei dem das generell sehr präsent abgemischte Publikum steil geht. 'Küss mich' wartet wiederum mit geradezu IRON-MAIDEN-verdächtigen Leads auf und gehört zu den besten Kompositionen der Band überhaupt.
Überhaupt wie gesagt - der Metal … Das Geknüppel 'Freiheit in Ketten' zwingt zum Mobilisieren letzter Kräfte im Pulk, den Sänger Oliver Meister bestens im Griff hat, und zwar in allen Stimmungssituationen. Der Videomitschnitt aus der Düsseldorfer Mitsubishi-Halle wirkt zwar manchmal ein bisschen hibbelig, doch so war das Quintett zum Zeitpunkt der Aufnahme eben drauf. Vielleicht liegt es auch daran, dass lediglich drei Kameraeinstellungen gezeigt werden - Nahaufnahme, Totale und "von unten" aus der Menge. Sei's drum, das verstärkt den geerdeten Charakter, durch den sich BETONTOD auszeichnen, und an der Qualität dieser für aktuelle Verhältnisse regelrecht minimalistischen Produktion ändert sich freilich rein gar nichts.
FAZIT: BETONTOD beweisen sich hiermit einmal mehr als eine der spielstärksten und bei allen Stereotypen dennoch unkitschigsten Bands dieser eher unerfreulichen neuen deutschen Welle. "1000 X Live" ist die Vollbedienung für Fans und solche, die es noch werden wollen. Auf Augenhöhe mit dem inhaltlichen und musikalischen Niveau der BROILERS, wenn auch stilistisch nicht ganz genau dort verortet. <img src="http://vg04.met.vgwort.de/na/9f84f4d127ac4fc0a35e95bf2ef97068" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 21.01.2018
Arising Empire / Nuclear Blast / Warner
66:34
24.11.2017