Mit "December Wind" kompiliert der ehemalige Wolfsbane- und Iron-Maiden-Sänger Blaze Bayley seine Akustik-EP "Russian Holiday" mit neuen Stücken und neben "Sign of the Cross", das auf jenem Kurzformat enthalten war, einer weiteren Nummer der Metal-Giganten, für die er zwei Alben lang singen durfte.
'2 AM' von "The X-Factor" mag seinerzeit bereits angedeutet haben, wie introspektiv Bayley in seinem solistischen Schaffen einmal werden sollte. Der Mann, der sich trotz schwerer persönlicher Schicksalsschläge in den vergangenen Jahren und ungeachtet des übermächtigen Schattens, den seine Ex-Combo auf ihn wirft, nie hat unterkriegen lassen, trägt sein Herz
auch auf "December Wind" wieder auf der Zunge, und dass in instrumentaler Hinsicht nichts anbrennt, dafür steht sein nunmehr vertrauter Mitstreiter Thomas Zwijsen ein.
Der niederländische Gitarrist wird auf dieser Compilation wiederum von Geigerin Anne Bakker begleitet - allerdings nur selten wie in 'The Crimson Tide' -, und dementsprechend sparsam sind auch die neue Kompositionen der beiden Köpfe dieses Projekts arrangiert. Tendenziell flotte Kompositionen wie den Startschuss 'Eye of the Storm' interpretiert er passenderweise im virtuosen Flamenco-Stil, vor dessen Hintergrund Bayleys Stimme leicht befremdlich wirkt, aber das ist man von dem charismatischen Bariton ja generell gewohnt.
Melancholische Nummern wie 'Love Will Conquer All' oder '2 AM' stehen der melodisch besonders starken Singer-Songwriter-Ballade 'We Fell from the Sky' und dem exklusiven Maiden-Mammut 'Sign of the Cross' gegenüber, aus dem zu dritt eine waschechte Akustik-Folk-Abfahrt gemodelt wurde. Darin geht es ebenso wie in Tracks 'The Love of Your Life' (sonnig heiter) und 'Miracle on the Hudson' (nachdenklich) im Sinne der "stählernen" Komponisten ausgesprochen rhythmisch zu.
Die älteren Stücke fügen sich nahtlos in den Rest ein, wobei das düstere 'Stealing Time' und der sehnsüchtige 'Soundtrack of My Life' zusätzliche Akzente setzen. Allen Stücken gemein ist das gewandte Gitarrenspiel, mit dem Zwijsen Blaze oft die Show zu stehlen droht, auch wenn sich das Duo nach kurzer Eingewöhnungszeit nicht nur als originell herausstellt, sondern auch anders als zunächst ein harmonisches Bild abgibt.
FAZIT: Mit zehn Soloalben auf dem Buckel und gelungenen "Unplugged"-Projekten wie diesem sollte Blaze Bayley - auch weil er sein Herz stets auf der Zunge trägt - viel erfolgreicher sein, als es tatsächlich der Fall ist, doch auch wenn er sich nicht von seinem Underdog-Status kaufen kann: Er macht ihn umso sympathischer, und "December Wind" steht seinem Image gut - ganz davon abgesehen, dass die Platte für Akustik-Gourmets ein kleines Fest darstellt. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/caef091cc5b545698e47361b30636b6e" width="1" height="1" alt="">
Erschienen auf www.musikreviews.de am 07.11.2018
Eigenvertrieb
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09.11.2018