Séracs sind glaziale Formationen, die an Türme erinnern. CAFFEINE hingegen schrauben ihre fetten Riffs turmhoch und klingen dabei weniger eisig als fieberhaft heiß, wie es sich für einen Newcomer gehört, der auf sumpfigem Terrain musiziert. Mit ihrem Einstand legen die Hannoveraner ein kurzes wie kurzweiliges Stück Sludge Metal vor, dessen Vorzug in seiner konservativen Anlage besteht.
CAFFEINE heben sich nämlich keinen Bruch, indem sie auf Gedeih und Verderb Neuerungen erzwingen möchten. Stattdessen konzentrieren sie sich auf das, was die frühen High On Fire und Mastodon in Perfektion vorgemacht haben: halb melodisches Geschrei zu verschlungenen, aber stets transparenten Grooves ohne merkliche Dynamiksprünge. Das funktioniert eine halbe Stunde lang gut, selbst wenn man die klassischen Alben des Subgenres hinlänglich kennt, denn das Trio spielt keinen Ton zu viel.
Darüber hinaus vollbringen selbst die Originale keine auf so simple Art zündenden Geschosse wie das einführende Titelstück oder das mit Hardcore-Kanten versehene 'The Coin', mit dem CAFFEINE in weniger als drei Minuten alles sagen, was zu sagen ist. Das gelingt ihnen mehrmals - später auch mit 'Seized Asylum' und dem besonders quirligen Mittelpunkt 'Janitor At Ivory Tower'. Ihr großes Plus ist eben Zwanglosigkeit, die sich voraussichtlich nicht konservieren lässt, wenn es bald wieder heißt, ein Album in Angriff zu nehmen. Bis dahin macht "Serac" uneingeschränkt Spaß, selbst in den finster doomigen Momenten von 'Padded Cell' oder 'On The Verge' wo dann (wer sonst?) leise Neurosis mitschwingen.
CAFFEINE setzen sich aus ehemaligen Mitgliedern der weitgehend unbekannten Kapellen Perth Express, Glasses, Problem Is You und The Pyre zusammen, dürften aber unter ihrem neuen Namen einen bleibenden Eindruck hinterlassen, wenn sie sich nach diesem lässigen Paukenschlag differenzieren. Bei diesem Sound zu bleiben wäre allerdings fatal.
FAZIT: Ein zweckdienliches Sludge-Album ohne Ausflüge in artfremde Gefilde. CAFFEINE haben sich, wie sie selbst angeben, der Dekonstruktion von Konventionen und etablierten Schemata verschrieben, aber dem wird "Serac" nicht im Geringsten gerecht. Bei diesem einzigen "Manko" bleibt es dann aber auch, wenn man von fehlender Eigenständigkeit absieht. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/be47a78a7a694897ae1472b31aadcf18" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 10/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 26.05.2018
This Charming Man
35:45
25.05.2018