Kaum zu glauben, aber das Spartenlabel Trollzorn, das sich bisher nicht unbedingt durch wegweisende Veröffentlichungen aus dem Folk- bis Viking-Metal-Bereich hervorgetan hat, bringt mit der neuen Cruachan und eben diesem Album hier zwei Anwärter auf den Titel "Genre-Platte des Jahres 2018" heraus. Die Konkurrenz ist nach wie vor groß, aber die beiden irischen Kapellen drehen ihr eine lange Nase. Ob's an ihrer Herkunft liegt?
Fest steht, dass CELTACHOR sie gewinnbringend zur Geltung bringen. Auf ihrem dritten Album geben sie die Story der jungen Jahre des mythischen Volkshelden Finn wieder, wobei sie Texte eines Außenstehenden (Stíofán De Roiste) verarbeiten.
Was "Fiannaíocht" vor allem auszeichnet, ist eine zauberhafte Aura ohne gespreizte Gebärden seitens der Protagonisten oder Klischees wie jenes von unbeugsamen Streitern aus altertümlicher Zeit. Im Gegensatz zu seiner klanglich satt modernen Inszenierung umgibt die Band aber wirklich etwas Archaisches. Allen Mitgliedern voran erweist sich Frontmann Stephen Roche im Rahmen des Stils als hervorragender Geschichtenerzähler, dessen stilprägendes, heiseres Geschrei mit kraftvollem klaren Gesang einhergeht, ohne dass man die Wechhsel vorhersehen könnte. Zudem würdigt er sich nicht durch Brustgetrommel oder andere Manierismen herab; sein Ausdrucksvermögen vermittelt das Bild eines Dialogs zwischen unterschiedlichen Charakteren, womit die Vocals den mal verspielten, mal geradlinigen Instrumentalparts Rechnung trägt.
Harmonien, die sich aus dem Zusammenspiel der Gitarren mit den folkloristischen Instrumenten ergeben, zeichnen alle Tracks der Scheibe aus. Mit dominanten Akustikgitarren ist 'Tuiren', das sich durch seine belebende Art hervortut, mit fast zehn Minuten der längste Song der Platte und legt durchaus Mut zum Prog an den Tag, aber womöglich nicht einmal der Höhepunkt. Dieser Titel geht zumindest in der subjektiven Wahrnehmung des Schreibers an das zunächst getragene Finale 'Dubh, Dun Agus Liath' das dann zusehends Fahrt aufnimmt, um diese konstant aufregende Scheibe zu einem stimmigen Abschluss zu führen.
Gleichsam spritzig: das durchgängig akustisch und weitgehend instrumental gehaltene 'Great Ships Came From Over The Waves' mit sich wiegendem Charakter (tatsächlich wie die titelgebende See) und das enorm stimmungsvolle 'The Battle On The Shore'. "Fiannaíocht" wird von einem liebevoll gestalteten Artwork (ins Booklet schauen) gekrönt und gehört in jede Folk-Metal-Sammlung. CELTACHOR selbst gehören indes spätestens jetzt zu Irlands Metal-Spitze, die weiterhin Primordial anführen.
FAZIT: Mit "Fiannaíocht" machen CELTACHOR ihre Anwärterschaft auf den Folk-Metal-Thron geltend. Wer die Stilistik generell schätzt und Sitzfleisch für schwarzmetallische Ausritte hat, ohne sich wund zu scheuern, sollte diesen abwechslungreichen, emotional ergreifenden Reigen von Songs und das dafür verantwortliche Sextett kennen. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/9698fae8d812403095a0c7a742dd6a0e" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.06.2018
Trollzorn / Soulfood
55:36
01.06.2018