Liebe Plattenfirma Trollzorn: Du tust deinen Künstlern und den nicht umsonst in Verruf geratenen Genres Folk, Pagan oder Viking Metal - sie alle machen immerhin den Hauptanteil deines Programms aus - keinen Gefallen, indem du mit klischeehaften Promo-Texten in ärgerlich schlechtem Pleonasmus-Deutsch für deine respektive ihre Causa wirbst. Ein besonders abschreckendes Beispiel für solchen Waschzettel-Kram, der überhaupt nicht zur Orientierung taugt, sind die Begleitworte zu CRUACHANs neuem Album. Auszug gefällig?
„Helden, Schurken, Mutige, Feiglinge, Triumphe, Niederlagen – mitreißend episch gerahmt wird das Ganze von CRUACHAN in Hochform mit klirrend donnerndem Schwermetall-Getöse, durchzogen von stürmischen Black-Metal-Attacken. Zwingend in Blut und Gebein gehende Thrash-Action sorgt immer wieder für frenetische Durchbrüche, und exzellent dosierte Folk-Einlagen erheben den schnittigen Vortrag dieser charismatischen Band in melodisch-feierliche Höhen!“ Wer auch immer sich diese Grütze ausgedacht hat, tut den Grandseigneurs des irischen Metal ob bewusst oder nicht Unrecht. Das ist umso bedauernswerter, da die Band um Vordenker Keith Fay mit „Nine Years Of Blood“ nicht nur das überzeugendste Album ihrer langjährigen Karriere vorlegt, sondern auch einen potenziellen Genre-Klassiker, dessen Dringlichkeit an Skyclads Debüt-Giftspritze "The Wayward Sons Of Mother Earth" erinnert.
Obwohl die Gruppe tief in die Mottenkiste greift und das Intro ihres Einstands auspackt ('I Am Tuan' läutete vor über zwei Dekaden auch "Tuatha Na Gael" ein), sichert sie sich mit den nachfolgenden Songs auf Dauer die Zukunft, falls nicht alle Stricke reißen und das Label aufhört, ihr verbale Knüppel zwischen die Beine zu werfen. Im Ernst, einstweilige Rock-Ausflüge gehören auf "Nine Years Of Blood" der Vergangenheit an; seinem Titel besitzt das Album einen martialischen Charakter, was zur verarbeiteten Thematik passt dem Krieg zwischen England und Irland gegen Ende des 16. Jahrhunderts.
Keltische Melodien, Black-Metal-Raserei, entrückte Akustikpassagen und teilweise regelrecht orchestrale Arrangements bei dennoch pastoraler Grundausrichtung zeichnen die Platte aus. CRUACHAN legen eine selten dagewesene Unvorhersehbarkeit an den Tag, die Stücke wie 'Cath Na Brioscai' (zwischen Blastbeat und Shanty) oder 'The Harp, The Lion, The Dragon And The Sword' (Stimmungshaken schlagend, aber letztlich doch ein Hit) zu einem spannenden Erlebnis statt einheitlicher Szenegrütze machen.
FAZIT: Unbändige Spielfreude und Leidenschaft, leise Melancholie und Wut mit Klos im Hals - besser geht folkloristischer Metal mit altertümlicher Bildersprache nicht, und CRUACHAN spielen ihn mittlerweile auf so packende Weise wie keine andere Band. Spätestens jetzt hat Irland hiermit an der Seite von Primordial und Celtachor beim selben Label ein Trio am Start, das Metal von der Grünen Insel international im Gespräch halten sollte. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/83984d9dfd5f4e149a39a812b29e406d" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.06.2018
Trollzorn / Soulfood
48:22
01.06.2018