Roberto Negro, einer der exponierten Jazz-Pianisten Frankreichs, denkt selbst im traditionellen Kontext eines musikalischen Dreiecks unkonventionell, und reicht mit "Saison 3" ein Album voller kurioser Miniaturen ein, dessen intimes Trio-Ambiente sich deutlich von gängigen Veröffentlichungen aus diesem Bereich unterscheidet.
Das Album besitzt einen durchweg episodenhaften Charakter und zeichnet sich durch gegen den Strich gebürstete Ideen aus. Wie der Pianist beispielsweise dem Bass-Bordun des einleitenden 'Sangu' noch tiefere Registertöne entgegensetzt - das hat etwas für sich, ist höchst originell und passt zu der insgesamt düsteren Anmutung des Gesamtwerks, die insbesondere das kompakte 'The Vanishing Of Sally Queen' auszeichnet. Generell haftet den Stücken auf "Saison 3" etwas Ausschnitthaftes, Stegreif-Artiges an.
Das atonale, scheinbar improvisierte Klavier-Gestolper von 'Shampoo' steht dem ausgesprochen harmonischen und melodischen 'Ceci Est Une Merengue' gegenüber, nicht zu vergessen der solistischen Tastenstudie 'The Vanishing Of Sally Queen', einem der wenigen Ruhepole der Platte. Kurz darauf wiederholt sich dieses Prinzip bis zu einem gewissen Punkt mit 'Brimborion', auch wenn das Trio hier erneut mit dem Misstönenden kokettiert.
Sopransaxofonist Emile Parisien ist neben dem unzweifelhaften Strippenzieher Negro der Star des virtuosen, kurzen wie lauten 'Bagatelle' und des völlig zerfransten 'Nano', einer offensichtlich willkürlichen Reihung spontaner Einfälle mit impressionistischem Charakter. Der immerzu originelle Perkussionist Michele Rabbia experimentiert unterdessen avantgardistisch mit Ratschen und anderen ungewöhnlichen Rhythmusinstrumenten experimentiert ('Poucet', 'Rudi'), bevor "Saison 3" mit dem E-Klavier-Outro 'Behind The Scene' einen merkwürdigen Abschluss erfährt.
FAZIT: "Saison 3" ist ein in jeder Hinsicht anormales Trio-Jazz-Album und dennoch nichts, was der Traditionalist fürchten müsste. Roberto Negro und seine Zuarbeiter richten für den erfahrenen Hörer ein Fest mit stehengelassenen Akkordtöne, harmonischen Kontrasten und ganz allgemein reichlich Spielwitz aus, das ziemlich genau zwischen hektisch zerrissener Postmoderne und introvertierten Momenten angesiedelt ist. <img src="http://vg06.met.vgwort.de/na/c6c7479993264b5987401eb3455650b9" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 11/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 02.03.2018
Bleu
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02.02.2018