Muss man heutzutage noch viele Worte über „Macbeth“, eins der Meisterdramen von William Shakespeare, verlieren?
Im Grunde ja, ganz bestimmt sogar, denn in den Schulen wird man größtenteils mit sinnlos-statischen Interpretationen nach strikter Anleitung – also den totalen Emotions- und Verständniskillern schlechthin – gequält, um am Ende auswendig gelernte Strukturen statt verstandener Inhalte und menschlicher Wesenszüge wiederzugeben.
Wenn Literatur zur Wissenschaft erhoben wird, ist das eben ein frontaler Arschtritt in die geistige Welt und den Hintern des Autors, der die Gefühle seiner Interessenten, aber doch nicht ein unnützes „Formelwissen“ erreichen will.
Wahrscheinlich findet dann auch ein so mit seinem Nürnberger-Trichter-Wissen vollgepfropfter Schüler diese Musik Scheiße, weil er Macbeth zwar analysiert, aber nie verstanden und deshalb genauso beschissen gefunden hat. Genauso wird es ihm dann wohl auch völlig zu Unrecht, aber durch „Rhetorische Mittel-Einpeitscher“ verursacht, mit der gespenstisch-folkloristischen Musikerfahrung auf <a href="https://daemonianymphe.bandcamp.com/album/macbeth" rel="nofollow">„Macbeth – Original Soundtrack From The Theatre Production“</a> von DAEMONIA NYMPHE ergehen.
Nun gut – Macbeth war im Original von 1050 bis zu seinem Tod 1057 König von Schottland, ein eigentlich recht friedlicher Typ, aus dem Shakespeare später literarisch einen echten Tyrannen – machtbesessen, geil und geldgierig – werden ließ, dem seine intrigante Frau, Lady Macbeth, in nichts nachstand. Gut, mehr muss man nicht wissen – aber eins ist klar, all das wird man auch auf „Macbeth – Original Soundtrack From The Theatre Production“ hören, denn DAEMONIA NYMPHE legen in punkto Komposition, Spannungsauf- und -abbau sowie Instrumentierung großen Wert auf Authentizität.
Und wenn die Geschichte in Schottland spielt und zugleich gespenstisch ist, dann begegnen uns in der Musik genau diese Stimmungen wieder, natürlich auch Dudelsäcke und jede Menge weitere Originalinstrumente dieser Zeit, wie Lauten, Pauken, Rasseln, Hörner, Glockenspiele, Spinette, Leiern und Flöten sowie Minne- und Elfengesänge.
Beginnt dann auch noch der sirenenähnliche Gesang der Nymphen, der sich auch in Sprechgesang oder sakrale Chöre verwandeln kann, so fühlt man sich spätestens in diesem Moment atmosphärisch überdeutlich in die musikalischen Universal-Welten von DEAD CAN DANCE oder QNTAL, aber auch FAUN und jede Menge Neoklassisches der Spitzen-Marke THIS MORTAL COIL versetzt. Auch kommt einem neuerdings durch die mittelalterliche Ausrichtung der Musik beim Hören immer wieder eine LOREENA McKENNITT in den Sinn.
Macbeth ist ein klassisches Drama, eine Tragödie, die relativ klaren Strukturen folgt, genauso verhält es sich auch mit DAEMONIA NYMPHEs Soundtrack dazu, der vom musikalischen Spannungsaufbau dem klassischen, literarischen Dramendreieck-Muster (Einleitung - Steigende Handlung – Höhepunkt – Fallende Handlung – Lösung/Schluss) folgt. Ein echtes Erlebnis in Noten von einer Vielzahl von Musikern verwirklicht, das sonst auf einer Bühne von Schauspielern in den entsprechenden Akten dargestellt wird.
Die gesamte Melodramatik der shakespearschen Macbeth-Tragödie wird so kongenial durch DAEMONIA NYMPHE vertont, beginnt auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=Js0LdjWrIIM" rel="nofollow">„Macbeth‘s Triumph“</a> mit Paukenschlägen, Hörnern und Trompeten sowie plötzlich, sich aus dem Hintergrund immer mehr bis zur totalen Dominanz erhebenden Dudelsäcken, die das Ende des Krieges einläuten und die Sängerin mit den Worten: „When the battle lost and won“, die Sieger und Verlierer des Krieges begrüßt.
Am Ende aber – nach einer Stunde moderner Musik, die auf legendäre Dramatik trifft – bleiben auf <a href="https://www.youtube.com/watch?v=5GPq11rlTe8" rel="nofollow">„Malcolm‘s Victory“</a>, neben der erneuten Frage nach den Kriegsgewinnern und -verlierern, nur noch die fragilen, gespenstischen Synthie-Klänge zu zerstörerischen Soundcollagen übrig, die uns trotz alledem den Hoffnungsschimmer am Horizont verkünden, während ein schreckliches Schlachtfeld zu unseren Füßen liegt. Große Dramatik mit großartiger Musik verwirklicht!
Finsterer (Pagan-)Folk mit nachgebauten mittelalterlichen Original-Instrumenten, Dark Ambient, Neo-Klassik, orchestrale Trommelgewitter, moderne Electronics plus Sound-Effekte und -Collagen sowie Weltmusik in Verbindung mit der Musikkultur der Lebzeiten von Macbeth (11. Jahrhundert) und des Dramatikers Shakespeare (16./17. Jahrhundert) bilden so die Grundlage für diesen spannenden „Macbeth“-Soundtrack, der noch dazu vom Sound her absolute Spitzenklasse ist. Lasst die Toten wieder Tanzen – bei der Musik von DAEMONIA NYMPHE bleibt ihnen gar nichts Anderes übrig!
FAZIT: Nachdem sich DAEMONIA NYMPHE bisher musikalisch mit ihrem Pagan-Folk und Weltmusik an der griechischen antiken Mythologie orientierten, wenden sie diesmal ihren Blick ins mittelalterliche Schottland und vertonen wieder unter Einsatz moderner und traditioneller Instrumente Shakespeares „Macbeth“ als „Macbeth – Original Soundtrack From The Theatre Production“. Dabei gelingt es ihnen, in bester DEAD CAN DANCE-Manier musikalisch genauso spannend wie die Handlung Shakespeares‘ „Macbeth“ zu klingen.
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 09.04.2018
Evi Stergiou
Spyros Giasafakis
Victoria Couper, Evi Sarmi, Orestis Giasafakis, Rey Yusuf, Luka Aubri, Cristiano Castelitto, Vaggelis Paschalides, Maria Stergiou
Equilibrium Music
59:22
02.02.2018