Der Berliner Multi-Instrumentalist Alexander Hacke (v.a. Bass, Gitarre) von den Industrial-Pionieren Einstürzende Neubauten hat sich für dieses erste hoffentlich nicht letzte Duo-Album mit dem amerikanischen Wovenhand-Prediger David Eugene Edwards zusammengetan, um das weiterzuführen, wofür bereits mehrmals beim gemeinsamen Komponieren von Filmsoundtracks ("The Glasshouse") der Grundstein gelegt wurde. Dem entsprechen nun auch die cineastischen Impressionen, die "Risha" insgesamt hinterlässt.
Während Methodistensohn Edwards wie gewohnt dem alttestamentarischen, strafenden Gott gleich mit pompöser Bibel-Symbolik jongliert, bestätigt sich Hacke aufs Neue als Soundvisionär mit umfassendem Musikverständnis. Die ausnahmslos in Berlin entstandenen Stücke bringen Instrumente aus dem mittelöstlichen Kulturkreis, allerlei Exotisches und Selbstgebautes zu Gehör, nicht zu vergessen Streicher und wo auch immer im Freien aufgenommene Soundfetzen.
Das Ergebnis klingt überraschend songdienlich und lässt sich ungefähr als um elektronische Klänge angereicherte Ethno- oder Weltmusik ohne die ansonsten damit verbundenen Stereotypen umschreiben. Die beiden Brüder im Geiste appellieren ans Unterbewusstsein des Rezipienten und kennen für sich selbst keine stilistischen Grenzen, schaffen es aber, eine einheitliche, eindringliche Stimmung zu erzeugen, die von ihrer inhaltlichen Tiefe (Texte) genauso lebt wie von der sehr bildhaften Anmutung der rein instrumentalen Seite.
Die Scheibe wirkt wie ein abwechselnd auffrischender und abflauender Sandsturm oder dichter Drogennebel, auch wenn sie bestimmt in disziplinierter Abstinenz entstanden ist. Immerhin herrscht auf "Risha" oft geradezu typisch deutsche Ordnung, die man besonders hinter den mechanischen Momenten wähnt, und Edwards' Gesang verleiht selbst den gewagtesten Tracks eine klare Struktur.
FAZIT: Spirituell, experimentell, mit dem Bauch verstehbar und dennoch auch intellektuell anregend ist "Risha" ein Rundum-glücklich-Album für die Anhänger seiner beiden Schöpfer, die damit aber trotzdem nicht nur den Bekehrten predigen. Als Freigeister brauchen sich Eugene Edwards und Alexander Hacke gar nicht zu verbiegen, um sowohl ihre Fans zu befriedigen als auch einen weiteren künstlerischen Achtungserfolg für sich zu verbuchen, der Nerds wie Feuilletons beschäftigt und auch einfach nur so emotional aufgesogen werden darf. <img src="http://vg01.met.vgwort.de/na/7459e53b448d4bfd9fe4a69ee4cbc71f" width="1" height="1" alt="">
Punkte: 12/15Erschienen auf www.musikreviews.de am 27.06.2018
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22.06.2018